Macht einen Italiener zum Papst!

Am Dienstag beginnt die Papstwahl. Würde ein Italiner zum Papst aufsteigen, wäre das sehr wünschenswert und gut. Er könnte viel besser als jeder Lateinamerikaner oder Afrikaner im Vatikan einführen, was die Kirche seit über 200 Jahren ignoriert hat: Demokratie, Aufklärung, Menschenrechte. Ein Zwischenruf des Vatikan-Experten Hanspeter Oschwald

Zum ersten Mal in der Neuzeit ist ein Papst zurückgetreten. Es ist vor dem Konklave müßig, über die Hintergründe zu spekulieren. Ob gesundheitliche oder kirchenpolitische Gründe den Ausschlag gegeben haben, ist jetzt zweitrangig. Entscheidend ist, dass der Papst vermenschlicht und künftig nicht mehr der über allem und allen stehende Stellvertreter Gottes ist. Der Pontifex selbst ist, um eine Lieblingswarnung von Joseph Ratzinger zu verwenden, relativiert worden.Viele Entwicklungen sind seither möglich. Es wäre aber verfehlt, vom Nachfolger schon die großen Reformen zu erwarten. Dafür  hat die Kurie das Ausmaß der Kirchenkrise noch längst nicht richtig wahrgenommen. Sonst hätte Ratzinger nicht resigniert zu erkennen gegeben, dass er mit seinem Latein am Ende sei. Total verfehlte Formulierungen wie die von Glaubenspräfekt Gerhard Müller über Pogrom oder antikatholische Hetze beweisen nur, nichts verstanden zu haben. Die aktuelle Kirchenkritik hat nichts mit Antikatholizismus zu tun. Die Kirchenkrise ist hausgemacht entstanden, weil die Katholiken aus Rom keine Antworten auf ihre Probleme bekommen. Das Papstamt ist auf der überholten  Überhöhung von 1870 mit dem Unfehlbarkeitsdogma stehen geblieben. Menschenrechte, Demokratie, Aufklärung sind der Kurie und ihrem Chef inhaltlich fremd geblieben. Sie wehren sich gegen die Moderne, obwohl die Kirche Jahrhunderte lang bis zur französischen Revolution auf der Höhe der Zeit gelebt und gedacht hatte.

Die Wahrnehmung der Realität aus Aufklärung, Demokratie und Menschenrechte wird im Zentrum des nächsten Pontifikats stehen. Benedikts Rücktritt hat dafür mehr als er vermutlich wollte die Sicht frei gemacht. Ein Papst, der nicht mehr bis zum Tod amtieren muss,  wird sich zurücknehmen können und wirkt in neuer Demut glaubwürdiger. Daran hat es gefehlt.

Diese Glaubwürdigkeit kann am ehesten ein Italiener wieder herstellen. Er läuft weitaus weniger Gefahr, römischer zu werden als die Römer, wie es bei einem Papst aus der Dritten Welt zu befürchten wäre. Diese Meinung wird auch im Umfeld von Benedikt geteilt. Sein engster Vertrauter, sein älterer Bruder Georg, hat denn auch geäußert, er halte die Wahl eines Schwarzafrikaners für verfrüht und wünsche sich einen Italiener. Ob er auch im Namen des Papstes a.D. gesprochen hat? Es ist zu vermuten.

Hanspeter Oschwald

 

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