Sant ‚Egidio: „Papstname Franziskus ist Programm“

Cesare Zucchoni, Generalsekretär von Sant 'Egidio Foto: Wolf Südbeck-Baur Cesare Zucchoni, Generalsekretär der Kommunität Sant ‚Egidio,

Foto: Wolf Südbeck-Baur

Cesare Zucchoni, Generalsekretär der römischen Kommunität Sant ‚Egidio, setzt hohe Erwartungen in einen Neuanfang mit dem Bischof von Rom Franziskus.

Es ist kein Zufall, dass der Bettelmönch Franz von Assisi aus einem Gemälde gleichsam auf den Tisch schaut, an dem das Gespräch mit Cesare Zucchoni, Generalsekretär der weit über die Grenzen Italiens hinaus bekannten Gemeinschaft Sant ‚Egidio, stattfindet. Wir sitzen an einem Ort des Friedens, wo in den 80er Jahren vermittelt durch die Kommunität Sant ‚Egidio der Frieden zwischen den verfeindeten Marxisten Mosambiques und der Freiheitskämpfer von der Frenamo-Guerilla zäh und geduldig ausgehandelt und eingeübt wurde.

Die Freude über die Wahl des Argentiniers Jorge Mario Bergoglio zum neuen Papst ist riesig, aber nicht überschwenglich, fast so als ob einer der ihren nun Papst Franziskus ist. Zucchoni hebt denn auch gleich zu Beginn des Gesprächs hervor: „Als Erzbischof von Buenos Aires ist Jorge Bergoglio sehr sehr häufig im Haus unserer Gemeinschaft in einem Barackenviertel in der argentinischen Metropole zu Gast gewesen.“ Eine neuer Stil der Einfachheit und Glaubwürdigkeit, aus der Freude des Evangeliums heraus das Leben mit den Armen zu teilen, sei das Programm, welches nach Einschätzung von Zucchoni das Amt des neuen Bischofs von Rom prägen werde. „Es ist ein Zeichen der Hoffnung, dass Franziskus bei seinem ersten Auftritt auf der Loggia des Petersdoms sich zuerst und vor allem als Bischof von Rom bezeichnet hat“, sagt Zucchoni. Das bedeute, Papst Franziskus wolle gemeinsam mit den Menschen vor Ort in Rom und dann selbstverständlich auch mit allen Menschen guten Willens weltweit unterwegs sein und die „Botschaft der Barmherzigkeit“ nicht nur verkünden, sondern zu leben. „Sich gegenseitig solidarisch eine Stütze sein, darauf kommt es Franziskus an“, sagt der grossgewachsene Mittfünfziger schlicht. „Die Armen stehen im Vordergrund.“

Wenn man bedenkt, dass die Gemeinschaft Sant ‚Egidio nicht nur einen Mittagstisch für Obdachlose, Arbeitslose, Bettler, Drogenkranke‘ sonstwie Marginalisierte und für jeden im Gebäude um die Ecke betreibt, wenn man bedenkt, dass das allabendliche Gebet mit viel Gesang und Bibellesung mit Auslegung in der wunderbaren Kirche Santa Maria in Trastevere regen Zuspruch erfährt, so sind die Ausführungen des Generalsekretärs alles andere als leere Worte. Sie sind getragen von einer tiefen Spiritualität des Gebets und eines Glaubens an die Kraft, die vom gemeinsamen Unterwegssein ausgeht – eine Mentalität, die der rationalen Grundierung westeuropäischer Art ziemlich abgeht.

Gefragt nach den kursierenden Medienberichten, Jorge Bergoglio habe als Jesuitenprovinzial mit der argentischen Militärjunta (1976-1984) kollaboriert, antwortet Zucchoni: „Soweit ich weiss, war diese dunkle Zeit eine schwierige Zeit auch für Jorge Bergoglio. Aber dass er mit den Militärs gemeinsame Sache gemacht haben soll, kann ich mit Sicherheit ausschliessen.“ Im Gegenteil habe er sich wenn auch diskret für die Verfolgten eingesetzt. „Ich hoffe sehr“, meint der Sant‘ Egidio Generalsekretär, “ dass Papst Franziskus für die Kirche und für die Welt noch einige Überraschungen bringen wird, die neue Perspektiven und Visionen für eine neue Art des Miteinander-Lebens in der Gesellschaft und untereinander eröffnen werden“. Wir dürfen gespannt sein.

Wolf Südbeck-Baur, Rom

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