Kommentar: Zeichen der Zeit übersehen

Wolf Südbeck-Baur, aufbruch-Redaktor Wolf Südbeck-Baur,
aufbruch-Redaktor

Mit dem kurzfristigen Abblasen der vollmundig angekündigten ökumenischen Eucharistiefeier in Gfenn verspielte die Tischgemeinschaft Symbolon ein Signal, auf das viele evangelische, katholische und orthodoxe Christen schon lange warten.

Mal abgesehen vom jämmerlichen Rückzieher in letzter Minute bleibt nach der geplatzten ökumenischen Eucharistiefeier nichts als bittere Enttäuschung. Die katholischen Ordensleute Willi Anderau und Joseph Bruhin hätten aufgrund ihres vorgerückten Alters – 70 und 79 – nichts zu befürchten gehabt, hätten sie umgesetzt, was sie mit einem ökumenischen Manifest medienwirksam angekündigt hatten. Denn als Ordenleute unterstehen sie nicht der Gehorsamsgewalt des Churer Bischofs Vitus Huonder. Dass sie Rücksicht nehmen wollten auf die Pfarrei-Initiative – sie ist Thema bei den Gesprächen der deutschsprachigen Schweizer Bischöfe beim obersten Glaubenswächter heute in Rom – , ist ehrenwert, aber dennoch mutlos und klingt vorgeschoben. Denn unabhängig von einer ökumenischen Eucharistiefeier wird Erzbischof Müller, der Chef der Glaubenskongregation, die Pfarrei-Initiative in den Senkel stellen und in Bausch und Bogen zurecht weisen. Er wird den Ungehorsam in umstrittenen seelsorgerlichen Fragen geisseln, zu dem sich die 542 Unterzeichnenden bekannt haben.  Nach dem Rückzieher von Gfenn ist zu befürchten, dass die Unterzeichner der Initiative früher oder später vor der Kirchenleitung einknicken werden. Diese Mutlosigkeit gilt auch für den Zürcher Kirchenratspräsidenten Müller. Er hatte sich hinter den Churer Bischof gestellt, als dieser mit den katholischen Konzelebranten mit Sanktionen drohte, sollten sie die ökumenische Eucharistiefeier durchführen. So wurde die Chance zumindest auf ein regionales Aggiornamento mutlos vertan und die Zeichen der Zeit übersehen.

Wolf Südbeck-Baur

 

1 Gedanke zu „Kommentar: Zeichen der Zeit übersehen“

  1. Die Unterzeichner der Pfarrei-Initiative werden nicht einknicken, davon bin ich überzeugt. Vom Besuch der Bischöfe in Rom war nichts zu erwarten als die lapidare Stellungnahme, die schon jetzt kommuniziert wurde. Und immer muss das II. Vatkanum dafür herhalten, um das Dickicht der Lehramtsmeinung aufrecht zu erhalten. Rom überzeugt nicht und ist und bleibt Doppelzüngig und renitent darin, die Menschen in der Kirche nicht im jesuanischen Sinn wahrzunehmen. Ein Genickschuss ist die dürftige Stellungnahme auch für Papst Franziskus, den man mit viel Volksnähe wahrnimmt, in den Grundzügen bleibt aber die Kirche unnahbar, eine Kirche für immer weniger Menschen! Josef Müller

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