Asylsuchende besetzen Kirche in Lausanne

IMG_5917 Sechs abgewiesene Flüchtlinge aus Eritrea und Äthiopien protestieren vor der Kirche Saint Laurent in Lausanne. (Bild: Komitee Refuge Saint Laurent)

Sechs abgewiesene Asylsuchende haben die Kirche Saint Laurent im Zentrum von Lausanne besetzt. Sie wehren sich gegen die Dublin-Ausschaffungen nach Italien. Die Reformierte Kirche wurde von der Aktion überrumpelt.

Von Martina Läubli

DSCF3800-225x300Eine Lausanner Kirche ist zum Zufluchtsort für Flüchtlinge aus Eritrea und Äthiopien geworden. Genauer gesagt, haben sich die Flüchtlinge die Kirche als Zufluchtsort genommen. Sechs abgewiesene Asylsuchende befinden sich seit letzter Woche im Pfarreiheim der Reformierten Kirche Saint Laurent. Die Besetzung der Kirchenräume verstehen sie als Reaktion auf ihre unhaltbare Situation. Auf ihr Asylgesuch wurde in der Schweiz nicht eingetreten, da die Daten der Migranten bereits in Italien erfasst wurden. Gemäss dem Dublin-Abkommen können sie nach Italien zurückgeschafft werden; ihr Aufenthalt in der Schweiz gilt als illegal. Eine Ausweisung nach Italien wollen die sechs Flüchtlingsaktivisten aber verhindern.

In Italien fehlen angemessene Strukturen, um Flüchtlinge zu beherbergen. Zahlreiche Migranten leben auf der Strasse. Die sechs Lausanner Aktivisten sehen im von der grossen Zahl an Flüchtlingen überforderten Italien keine Zukunft. An eine Rückkehr in ihre repressiven Herkunftsländer ist schon gar nicht zu denken, das wäre lebensgefährlich.

 Politik der Gastfreundlichkeit

DSCF3825Auf der Webseite der Aktionsgruppe der Kirchenbesetzung sind die Fluchtgeschichten der sechs Personen nachzulesen. Sie berichten von drohendem jahrelangem Militärdienst, der in Eritrea Zwangsarbeit gleichkommt, und von politischer Verfolgung in Äthiopien. Dinkenesh (Name geändert) erzählt, wie sie wegen ihres politischen Engagements in einer Oppositionspartei inhaftiert und misshandelt wurde, so dass sie, zu jener Zeit schwanger, ihr Kind verlor.

Die Kirchenbesetzung wurde von der Aktionsgruppe „Refuge Saint Laurent“ organisiert; neben der Unterstützung der sechs abgewiesenen Asylsuchenden verfolgt sie grundsätzliche migrationspolitische Ziele. Ihre Forderungen sind ein Moratorium aller Dublin-Asuweisungen nach Italien sowie eine Politik der Gastfreundlichkeit gegenüber Flüchtlingen.

Unverständnis bei der Kirche

Die Kirche wurde von der gut organisierten Protestaktion überrascht. Über die Besetzung von Saint Laurent ist sie alles andere als erfreut. Xavier Baillard, Präsident der Synode der Reformierten Kirche des Kantons Waadt, beklagte gegenüber Radio Télévision Suisse Romande den fehlenden Dialog. Die Kirche sei in keiner Weise in die Aktion einbezogen, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Das sei inakzeptabel.

Kirche und politische Aktivisten ziehen im Lausanne also (noch) nicht am gleichen Strick. Nun wird es darauf ankommen, wie lange die Kirche die Besetzung duldet. Laut einem Bericht von RTS müssen die Aktivisten die Kirche am Montag verlassen.

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