Der Herbert-Haag-Preis 2016 geht nach Bern

Am vergangenen Sonntag nahm das Haus der Religionen in Bern den Herbert-Haag-Preis entgegen. Die Stiftung prämiert damit den Weg der interreligiösen Verständigung, welchen die acht Religionsgemeinschaften am Europaplatz eingeschlagen haben. Weitere Preise gingen an Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und drei Theologie-Studierende.

Das Haus der Religionen am Europaplatz in Bern ist seit seiner Eröffnung Ende 2014 zum regelrechten Renner geworden. Fünf von acht Religionsgemeinschaften leben unter einem Dach. Dazu kommen Räumlichkeiten für den interreligiösen Austausch wie Diskussionen, Kulturelles, Vorträge, Kurse und gemeinsames Essen. Im Haus herrscht dabei nicht einfach Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung. Vielmehr sind der Verein und die Religionsgemeinschaften konflikt- und diskussionserprobt. Und genau diese Anerkennung der Differenzen hat die Herbert-Haag-Stiftung bewogen, den diesjährigen Hauptpreis dieser europaweit einmaligen Einrichtung zu verleihen. Stiftungsrat Erwin Koller betonte denn auch bei der Preisübergabe am Sonntag, dem 13. März, dass dafür nicht nur viel Überzeugungsarbeit gegenüber der Öffentlichkeit, sondern auch innerhalb der eignen Religionsgemeinschaft nötig sei. Er wusste, wovon er sprach, denn die Haag-Stiftung versteht sich als Teil der Reformbewegung innerhalb der katholischen Kirche, welches sich an den Grundsätzen des II. Vatikanischen Konzils orientiert. Dieses fordert unter anderem,  „dass die menschliche Person das Recht auf religiöse Freiheit hat, so dass in religiösen Dingen niemand gezwungen wird, gegen sein Gewissen zu handeln.“ Bei der Übergabe des mit 15’000 Franken dotierten Preises meinte denn Koller auch schmunzelnd: „Ideen brauchen visionäre Menschen, aber Geld ist manchmal auch ganz nützlich.“

haagpreis2016 Foto: Vera Rüttimann, © Herbert Haag Stiftung

„Nehmt einander an“ als Motto des Bischofs
Ebenfalls prämiert wurde an diesem Anlass der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der sich beim Kuratorium des Münchner Forums für Islam sowie für eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik einsetzt. Laut Stiftungsrätin und Regensburger Kirchenrechtsprofessorin Sabine Demel ist er alles andere als realitätsfremd. Er habe Flüchtlingslager nicht nur in Deutschland, sondern auch in Syrien und Nordirak besucht. Sein Motto „Nehmt einander an“ stehe für eine Beteiligung der Christen an den Debatten der Zivilgesellschaft. Bedford-Strohm ergänzte, dass für ihn Aufklärungsarbeit zu den zentralen Aufgaben der Kirchen gehört. Es gelte, die Angst vor dem Islam abzubauen und Bewegungen wie die Pegida, die angeblich das „christliche Abendland“ retten will, in die Schranken zu weisen.

Auszeichnung für drei Studierende
Für ihre Forschungsarbeit ausgezeichnet wurden schliesslich die drei Studierenden Sarah Delere sowie Anna und Tobias Roth aus dem westfälischen Münster. Sie ermutigten Menschen, sich zum Glauben und zur Kirche zu äussern. „Was wollt Ihr den Papst fragen“, lautete die einfache und doch komplexe Frage. Über 12’000 Antwortbögen kamen zurück. „Die Herausforderung war, die Fragen so zu formulieren, dass Menschen auf vier Kontinenten etwa dasselbe darunter verstehen“, sagte Tobias Roth bei der Präsentation. „Unser Vorteil war, dass wir die Leute nicht im Auftrag der offiziellen Kirche befragten“, ergänzte Anna Roth. Die Quintessenz aus dieser Untersuchung lautete nach Angaben von Sarah Delere: „Die Befragten möchten in ihrer heutigen Lebenswirklichkeit ernst genommen werden.“ Der Aufwand dieser Arbeit war enorm, doch ECTS-Punkte, die für Masterarbeiten notwendig sind, gab es keine. Umso mehr zeigten sich die drei Studierenden „berührt von der Auszeichnung als Anerkennung“.

Hannah Einhaus

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