Der Frauendiakonat ist keine Lösung

Ohne radikale Reform des Weiheverständisses ist das Frauendiakonat keine Lösung. (Foto: Südbeck-Baur) Ohne radikale Reform des Weiheverständisses ist das Frauendiakonat keine Lösung. (Foto: Südbeck-Baur)

Mit der Einsetzung einer Kommission zur Prüfung des Frauendiakonats durch Papst Franziskus hat die Diskussion um die gleichberechtige Stellung der Frauen in der katholischen Kirche neu an Fahrt gewonnen. In ihrem aufbruch-Beitrag legt die Bibelwissenschafterin und feministische Theologin Professor Helen Schüngel-Straumann die Gründe für ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Frauendiakonat dar. Radikal reformbedürftig ist vielmehr das katholische Weiheverständnis.

Von Helen Schüngel-Straumann

Warum der Papst gerade jetzt, nachdem er hunderte von katholischen Frauen, die zu Fuss von St. Gallen nach Rom gepilgert sind, schnöde ignoriert hat, sich für neue Überlegungen zu Diakoninnen einsetzen will, ist etwas rätselhaft. Will er dadurch Zeit gewinnen oder sollte er tatsächlich nicht registriert haben, dass dieses Thema schon im letzten Jahrhundert in der deutschsprachigen Theologie ausgiebig erforscht und behandelt wurde? Fast wurde es schon in die Praxis umgesetzt, indem in Deutschland sich dutzende von Frauen in einem mehrjährigen Kurs auf das Diakonat vorbereitet haben, bis dann die Bischöfe das Projekt abrupt stoppten.

Bis zum 5. Jahrhundert, in einzelnen Kirchen bis ins 9. Jahrhundert, gab es in der Alten Kirche geweihte Diakoninnen. Sie konnten auch Sakramente spenden, vor allem das christliche Grundsakrament: die Taufe. Die Vielfalt in den verschiedenen christlichen Kirchen im Orient, rund um das Mittelmeer und Europas war sehr gross. Die weltweiten Unterschiede in einer globalisierten Welt von heute sind ungemein grösser als im ersten Jahrtausend. Warum eigentlich muss immer alles überall gleich sein?

Gründe für die neuere Ablehnung von Diakoninnen waren die  dogmatischen Implikationen des Weiheamtes. Nach dogmatischem Verständnis über Jahrhunderte ist das Weiheamt eine Einheit. Es gliedert sich in drei Stufen: Diakonat – Priester – Bischof. Wer also in diesem Kreis „drin“ ist, dem/der kann man auch das Priesteramt und das Bischofsamt nicht vorenthalten. Anders müsste man die Dogmatik ändern. Das dürfte der Grund für das abrupte Ende der Hoffnung vieler Frauen in den 80er und 90er-Jahren gewesen sein. Es wurde dann ein Diakonat „light“ – ohne Weihe, sondern mit einer Beauftragung – angeboten, was aber von Frauen und den katholischen Frauenverbänden zurückgewiesen wurde.

Durch das Diakonat von Frauen würde die Gleichstellung der Geschlechter in allen Bereichen – ein inzwischen unabdingbares Postulat – eher gehindert als gefördert.

 

Das Diakonat für Frauen wäre eine Sackgasse. Sie dürften ja keine  Eucharistie feiern, und darin liegt ja die grösste Not in der gegenwärtigen Seelsorge. Weil es immer weniger geweihte Priester gibt,  wird die Eucharistie an immer weniger Orten und Terminen möglich. Wenn die Eucharistie wirklich das Zentrum des christlichen Gottesdienstes ist – wie immer wieder betont wird -, dann muss hier eine Lösung gefunden werden. Ein Diakonat, welcher Art auch immer, kann dies nicht sein.

Anderes Weiheverständnis nötig. Eine Lösung kann ich nur erkennen in einer radikalen, an die Wurzel gehenden Reform des kirchlichen Weiheverständnisses. Dies ist mit zahlreichen magischen Elementen versehen, etwa dass der geweihte Mann ontologisch (seinsmässig) höher steht als die Laien, weiter das mittelalterlich magische Element eines „unauslöschlichen Zeichens“, das nur dem geweihten Mann möglich ist.

Geschieht eine solche Reform nicht, wird die katholische Kirche immer unglaubwürdiger. Durch das Diakonat von Frauen würde die Gleichstellung der Geschlechter in allen Bereichen – ein inzwischen unabdingbares Postulat – eher gehindert als gefördert. Ohne eine solche grundlegende Reform könnten Frauen auch nicht in die anderen Weiheämter eingegliedert werden, die rein männlich geprägt sind. Dieser Männlichkeitswahn hat keinerlei biblische Grundlage und ist endlich zu überwinden!

*Helen Schüngel-Straumann ist Bibelwissenschafterin und lehrte von 1987-2001 als Professorin an der Universität Kassel. Die 76jähige gründete 2001 die Helen Straumann-Stiftung für Feministische Theologie, deren Ziel die öffentliche Zugänglichmachung umfangreicher Literaturbestände im Bereich der Feministischen Theologie ist.

2 Gedanken zu „Der Frauendiakonat ist keine Lösung“

  1. Das Amt in der römisch-katholischen Kirche ist anachronistisch und weist vormoderne Züge auf: Durch den ontologischen (seinsmässigen) Unterschied des geweihten Mannes wird der „Hokuspokus“ (Verballhonung von „hoc est enim corpus meum“) ja erst möglich und die Eucharistie, wie auch alle andeen Sakramente ihrem jüdischen Urspung total entfremdet. Jeschua ben Mirja, der Wanderprediger aus Nazareth, hat nicht gezaubert und hat auch keine Kirche gegründet!

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  2. Zitat:
    „Bis zum 5. Jahrhundert, in einzelnen Kirchen bis ins 9. Jahrhundert, gab es in der Alten Kirche geweihte Diakoninnen. Sie konnten auch Sakramente spenden, vor allem das christliche Grundsakrament: die Taufe“, schreibt Helen Schüngel Straumann in ihrem Kommentar „Der Frauendiakonat ist keine Lösung“.

    Anmerkung:
    Ohne auf eventuelle verschiedene Auffassungen in christlichen Bekenntnissen einzugehen, weise ich für das Verständnis in der Katholischen Kirche darauf hin, dass die Taufe seitens des Taufspenders nicht an Mann- oder Frau-Sein gebunden ist, ja nicht einmal daran, dass der Taufspender (die „Spenderinnen“ sind in diesem Plural miteingeschlossen) selbst getauft ist. Es kommt allein auf die rechte Absicht an.

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