IG Feministische Theologinnen: Eine Postkarte zum Jubiläum

thala-ig-feminst-theol Mit dieser Postkarte macht die Interessengruppe Feministische Theologinnen neuerdings auf sich aufmerksam (Illustration: Atelier Nord)

Seit einem Vierteljahrhundert veröffentlicht die IG Feministische Theologinnen feministisch-theologische Stellungsnahmen zu kirchlichen und gesellschaftlichen Themen, organisiert Weiterbildungen und fördert den Austausch untereinander. Männer sind ebenfalls willkommen.

Von Thala Linder

Zu ihrem 25. Geburtstag wünscht sich die IG gemäss ihrem jüngsten Vorstandsmitglied Stéph Zwicky Vicente, 35, „ dass ihr die Arbeit ausgeht!“ IG-Gründungsmitglied Doris Strahm schreibt in ihrer „kurzen Geschichte der IG Feministische Theologinnen“, dass die Ziele an der Gründungsversammlung zu hoch gesteckt wurden und die anfallende Arbeit in Freiwilligenarbeit nicht geleistet werden konnte. Von Lobbyarbeit in Kirchen und Universitäten war die Rede, Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themen sollten gebildet und eine Arbeitsstelle eingerichtet werden. Doch bereits 1993, zwei Jahre nach der Gründung, wurden als realistischere Ziele die Organisation von Weiterbildungen, der Austausch  untereinander und öffentliche Stellungnahmen zu kirchlichen und gesellschaftlichen Themen vereinbart. Diese Arbeit ist nach wie vor nötig. Stéph Zwicky meint: „Geschlechtergerechtigkeit im römisch-katholischen Priesteramt oder ganz allgemein patriarchale Herrschaftsstrukturen sind leider weiterhin top aktuell.“ Sie engagiert sich neben ihrem Pfarramt im Vorstand der IG,  um am Ball zu bleiben. Im Pfarramt komme diese Form von zugespitzter Fragestellung zu kurz. Die IG biete ihr die Möglichkeit, sich mit anderen Theologinnen auszutauschen, aktuelle Ereignisse herrschaftskritisch zu hinterfragen, herrschende Machtstrukturen sichtbar zu machen und so etwas zu bewegen, zu gestalten und zu verändern.»

Männer ausschliessen – nein danke. Ein Anliegen,  das scheinbar nicht viele Frauen ihrer Generation teilen. 1991 mit vierzig Gründungsmitgliedern gestartet ist die IG auf heute 160 Frauen, die sich durch ein Studium, durch Weiterbildung oder auf anderen Wegen in feministischer Theologie kompetent gemacht haben,  gewachsen. Doch die jüngere Generation ist dünn gesät.  Das jüngste Vorstandsmitglied sieht das realistisch: „Uns geht es wie den meisten Vereinen: ein Engagement in einer solchen Form ist nicht mehr in Mode.“ Scheinbar hat es aber auch etwas mit dem Anliegen der IG zu tun.

In einem Interview mit kath.ch meint Doris Strahm, dass viele junge Frauen mit Feminismus nicht mehr viel am Hut haben. Auch Zwicky teilt diese Einschätzung: „Viele verbinden mit Feminismus etwas Verstaubtes, etwas, das mit unrasierten Achseln und Männerhass zu tun hat. Dabei sollte Feminismus einfach anders genannt werden – gesunder Menschenverstand, zum Beispiel.“ Sie betont, dass Feminismus zwar die Erfahrungen der Frauen in den Fokus stellen und sichtbar machen will, aber nicht denselben Fehler mit anderem Vorzeichen machen will und Männer ausklammert. So zog die IG in Betracht, eine modischere Bezeichnung wie  «genderbewusst» aufzunehmen. Zwicky meint aber:  „Doch «Feminismus» provoziert als Wort immer noch, und das machen wir uns zunutze.“

Am Puls der Zeit. Dass die IG einen differenzierten Blick auf Kirche und Gesellschaft hat und nicht die ewig gleichen Themen wälzt, sondern am Puls der Zeit ist, beweisen die Veranstaltungen, die sie für den März 2017 plant. In Zusammenarbeit mit der feministisch-theologischen Zeitung, dem interreligiösen Think-Thank und dem RomeroHaus organisiert sie eine zweitägige Tagung zum Thema „Frauenrechte zwischen Religion, Kultur und Politik.“ Und die traditionelle Weiterbildung an der Vollversammlung der IG wird zum Thema Patchworkreligiosität sein und nach einer christlichen Identität in einer pluralistischen Welt fragen.

thala-ig-femi-theol Stéph Zwicky, Pfarrerin in Binningen BL und jüngste Vorstandsfrau der IG Feministische Theologinnen (Foto: Regine von Felten)

„Es geht der IG um eine Welt, in der Lebensfreude, Menschlichkeit und Gerechtigkeit gelebt wird.“

Stéph Zwicky

 

Mit der Website wird gewährleistetet, dass „das, was wir bisher erreicht haben, nicht wieder verlorengeht!“ Da finden sich Gottesdienstentwürfe und liturgische Elemente, welche helfen umzusetzen,  was heute in den Kirchen selbstverständlich sein sollte: ein neues, nicht mehr einseitig männliches Gottesbild, eine lebensnahe und befreiende Theologie, eine inklusive liturgische Sprache, die explizit auch die Frauen nennt, eine Auslegung biblischer Texte aus der Genderperspektive, neue Formen weiblicher Spiritualität und religiöser Feiern.

Damit die IG Feministische Theologinnen für sich werben kann, hat sie sich zum Geburtstag Werbematerial geschenkt. Stéph Zwicky hofft, dass die IG so frisch und frech auf sich aufmerksam machen könne. Zwei neue Mitfrauen hätten die Geburtstagspostkarten schon eingebracht.  Selber ist sie überzeugt von der Wichtigkeit der IG:  „Die IG wagt es, den Finger weiterhin in Wunden zu legen und – auch wenn niemand mehr die Fragen hören will –  kritisch die Kirche, die Gesellschaft, die Politik und die jeweiligen Machtverhältnisse zu hinterfragen. Es geht der IG um eine Welt, in der Lebensfreude, Menschlichkeit und Gerechtigkeit gelebt wird. Natürlich nicht nur für Frauen! Die Männer sind selbstverständlich mit gemeint!“ Männer seien zwar willkommen in der IG, bisher habe sich aber keiner gemeldet.

www.feministische-theologinnen.ch

2 Gedanken zu „IG Feministische Theologinnen: Eine Postkarte zum Jubiläum“

  1. Dem Feminismus respektive der feministischen Theologie ging es nie darum, Männer auszuschliessen, sondern im Gegenteil aus Frauenperspektive einen genuinen Blick auf die Welt und Gott zu werfen, diese zu anlaysieren und Konzepte zu entwickeln für ein gutes Leben für alle Menschen – Männer eingeschlossen. So gesehen sind die Erkenntnisse des Feminismus im Allgemeinen wie der feministische Theologie im Besonderen auch für Männer interessant und relevant, nur scheinen dies bislang nur ganz wenige gemerkt zu haben.

    Zur Homepage der IG wären noch die zweimonatlich aufgeschalteten Portraits von feministischen Theologinnen gestern und heute zu erwähnen.

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