Hommage an einen Kämpfer und seine starke Frau

Einhaus CoverSie waren gekommen, um einen „Kämpfer für Recht und Würde“ zu würdigen: Rund 150 Menschen feierten mit Autorin Hannah Einhaus ihre Biografie über Georges Brunschvig. Im Zentrum der Buchvernissage stand aber jemand anderes: Odette Brunschvig, Witwe des streitbaren jüdischen Anwalts.

Von Astrid Tomczak

Es war ein berührender Moment, als sich in der ersten Reihe eine zierliche alte Dame mit Mühe von ihrem Sitz erhob, zum gebannt lauschenden Publikum umdrehte und anhob zu sprechen: „Mir fehlen die Worte. Ich sehe ein ganzes Leben vor mir“, sagte die bald 100-jährige Witwe von Georges Brunschvig. Dann wurde ihre Stimme fester und sie schloss ihre kurze Ansprache mit dem Satz: „Sie sind gekommen, um Werte hochzuhalten, die uns alle heilig sind.“ Nach und nach erhoben sich die Gäste: Standing ovations und ein Blumenstrauss der Autorin für die langjährige Gesprächspartnerin: Dieses bewegende Bild stand für etwas , was Hannah Einhaus’ Buch eben auch ist: „Eine langjährige Liebesgeschichte“, wie der Basler Geschichtsprofessor Jacques Picard in seiner Einführung zur jüngsten Publikation aus der Schriftenreihe des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes sagte.

Immer wieder kamen die Rednerinnen und Redner an diesem Abend darauf zu sprechen, wofür der „Jüdische Demokrat, Berner Anwalt und Schweizer Demokrat“ (Buchtitel) Brunschvig (1908-1973) einstand – und wogegen er kämpfte. „Georges Brunschvig war einer dieser Menschen, die genau hinsahen. Er schritt als Mensch und Anwalt mutig voran“, betonte etwa der Berner Stadtpräsident Alexander Tschäppät – auch er ein Jurist  – und zog Parallelen zur Gegenwart, in der angesichts des Schicksals von vielen Flüchtlingen manche Menschen „nicht mal mehr eine wirkliche Bedrohung brauchen, um die Augen zu verschliessen.“

Autorin Hannah Einhaus während der Vernissage ihres Buches über den Anwalt Brunschvig. (Foto: Tomczak) Autorin Hannah Einhaus ihrem Buch über den Anwalt Brunschvig. (Foto: Tomczak)

Wie sehr Brunschvig nachfolgende Generationen prägte, machte SIG-Präsident Herbert Winter deutlich: „ Er verband Profession und Passion und war ein grosses Vorbild. Ohne ihn würde ich wahrscheinlich heute nicht in meiner Funktion als SIG-Präsident vor Ihnen stehen.“ Als junger Anwalt sorgte Brunschvig in den 30er Jahren mit seinem Prozess gegen die antisemitischen „Protokolle der Weisen von Zion“  für Aufsehen. Später festigte er als Wegbereiter des heutigen Antirassismusgesetzes sowie als Rechtsvertreter der israelischen Botschaft in verschiedenen Prozessen seinen Namen als „Staranwalt“.

Immer wieder wurde an diesem Abend aber auch deutlich, dass Leben und Karriere dieses aufrechten Mannes wohl ganz anders ohne die Frau an seiner Seite verlaufen wäre. Die Lebensgefährtin, die die sein Erbe und Andenken bis heute unermüdlich pflegt. Und so war die gut besuchte Buchvernissage im Berner Kornhaus denn auch eine Hommage an diese „starke Frau, der ich nicht zuletzt viele vergnügliche Besuche verdanke und die für mich die treibende Kraft war, um die Arbeit zu Ende zu führen“, so Hannah Einhaus. Ihr und ihren beiden Töchtern – „die oft auf meine Hilfe bei den Schulaufgaben oder auf einen gefüllten Kühlschrank verzichten mussten“ –  hat die Historikerin und Journalistin ihr Werk denn auch gewidmet. „Ich möchte mit diesem Buch meinen Töchtern und ihrer Generation ein Stück von Odettes Stärke mitgeben. Ich hoffe es trägt dazu bei, dass sie erkennen, welch besonderes Gut die Demokratie ist.“

Hannah Einhaus, „Für Recht und Würde – Georges Brunschvig, jüdischer Demokrat, Berner Anwalt, Schweizer Patriot“, Schriftenreihe des SIG, Chronos 2016, 38 Fr.-

 

Schreibe einen Kommentar