Egal ob katholisch oder reformiert – in beiden Kirchen ist die Grosswetterlage für Frauen von dicken Nebelfeldern getrübt, so das Resümée der Ökumenischen Frauensynode. Die Standortbestimmung in Aarau fiel freilich differenziert aus.
Von Esther Gisler Fischer
Im Rahmen der ökumenischen Schweizer Frauensynode, die unter dem Thema Energie – bewegen, bestärken, bewirken Ende August in Aarau stattfand, befassten sich einige Fachfrauen mit der Situation der Frauen in der Kirche. Nach einer Vorstellungsrunde fragt Moderatorin Vroni Peterhans-Suter, Mitglied im Verbandsvorstand des Schweizerischen Katholischen Frauenbund SKF zuerst Jacqueline Straub nach ihrem Berufswunsch, nämlich Priesterin in der katholischen Kirche werden zu können. Die Theologin, die gerade ihr Studium mit dem Master abgeschlossen hat, ist eine Frohnatur und ruft sich und alle anwesenden Frauen auf zur Geduld mit der Hierarchie, was im Publikum einige ungläubige Lacher auslöst.
Monika Hungerbühler, ebenfalls katholische Theologin, Co-Leiterin der Offene Kirche Elisabethen und Co-Dekanatsleiterin des Dekanats Basel-Stadt, kontert, das mittelalterliche Amts- und Weiheverständnis sei zu entrümpeln. Zudem sehe sie rabenschwarz in Bezug darauf, dass die klerikale Kirche sich in nächster Zeit in Richtung Priestertum für Frauen bewegen könnte. Exemplarisch zeige dies die zögerliche Annäherung an das Thema Diakonat für Frauen. Die beiden Gleichstellungsinitiativen, welche 2014 in beiden Basel von mehr als 80 Prozent der Stimmbevölkerung angenommen worden sind, seien leider wirkungslos geblieben. Den einzig gangbaren Weg sehe sie, wenn eine Theologin Klage erhebe in Strassburg am Menschengerichtshof und darauf hoffe, dass die Güterabwägung dort zugunsten der Gleichstellung und nicht der Religionsfreiheit ausfallen werde.
Ob denn die reformierte Kirche der Himmel auf Erden sei, ging die nächste Frage an Pfarrerin Dr. Esther Straub, Zürcher Kirchenrätin und SP- Kantonsrätin. Keineswegs! Obwohl die Gleichstellung auf dem Papier garantiert sei, gebe es immense Rückschläge: In den Kirchenparlamenten sässen nur rund knapp ein Drittel Frauen, von der Abgeordnetenversammlung des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds SEK und den kantonalkirchlichen Exekutiven ganz zu schweigen. Noch in den 00er Jahren sei dies anders gewesen; da hätte es sogar Mehrheiten in Kirchenräten und dem SEK gegeben.
Im Blick auf das universitäre Umfeld meinte die reformierte Theologiestudentin Evelyne Zinsstag, dass seit dem Aufbruch in den 80er und 90er Jahren einige kleine Gruppen von an feministischer Theologie interessierter Studentinnen bestünden, das Thema jedoch in den Curricula stiefmütterlich behandelt werde. Die Abschaffung der Frauenordination in Lettland zeige jedoch, dass es ein Gebot der Stunde sei, an diesen Themen dran zu bleiben und Errungenschaften als nicht selbstverständlich zu sehen. Erwähnt wurde auch, dass eher eine Maskulinisierung als Feminisierung im Gange sein: Dass nämlich Instrumente neoliberalen Managements und allgemein eine Ökonomisierung Einzug halte in die Kirchen, welche den evangelischen Auftrag verbürokratisiere und Leben darin zu ersticken drohe.
Die Diskussion widmete sich sodann der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wobei auch das Publikum mit etlichen Fragen und Diskussionsbeiträgen zur Sprache kam. Thematisiert wurde die Sorgearbeit, interreligiöse Begegnungen und Solidarität, die Weltgestaltung durch Frauen überhaupt. Dass Kirche in diesen Themen per se politisch ist und sich einmischen soll, wurde von allen Teilnehmerinnen des Panels bestätigt. Zum Schluss riet eine Frau aus dem Publikum der jungen katholischen Theologin Jacqueline Straub ab, zu geduldig zu sein und sich vertrösten zu lassen.
Anliegen an die Kirchenleitenden beider Konfessionen wurden aus dem Panel in die Schlussliturgie getragen und mittels eines „St. Brigids Cross“, das die Form eines Windrades hat, übergeben.
*Esther Gisler Fischer ist reformierte Pfarrerin