Protest gegen Ausschluss von Homosexuellen vom Priestertum

Mit Empörung und heiligem Zorn protestiert Theologe und Buchautor Pierre Stutz gegen den Entscheid Roms, homosexuelle Männer nicht zum Priesteramt zuzulassen. Dies entschied die Kleruskongregation mit der Publikation der überarbeiteten Richtlinien zur Priesterausbildung. Damit verrate die Kirche ihre Glaubwürdigkeit, so Stutz. Er fordert alle auf , denen die Menschenrechte wichtig sind, Einspruch zu erheben.

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Von Pierre Stutz

Mit Empörung erfahre ich, dass die Kongregation für den Klerus in Rom am 8. Dezember 2016 in der neuen Ausbildungsordnung für Priester „Das Geschenk der Berufung zum Priestertum“ am Entscheid von 2005 festhält, homosexuelle Männer nicht als Priester zu akzeptieren. Dieser Entscheid ist für mich zutiefst verletzend und diskriminierend. All die Aussagen der letzten Monate, dass homosexuellen Menschen mit Respekt begegnet werden soll, verlieren durch dieses Dokument ihre Glaubwürdigkeit.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass mindestens 25 Prozent der Priester und Bischöfe homosexuell sind, diese Tendenz ist steigend. Ein Teil dieser Priester bekämpft die eigene Homosexualität auch durch homophobe Aussagen, zugleich gibt es einen beachtlichen Teil von schwulen Priestern, die ihre Homosexualität gut integriert haben und sie zum Segen in den vielfältigen Aufgaben der Seelsorge leben. Was für ein Hohn muss es für sie erneut sein, zu erfahren, dass sie nicht erwünscht sind mit ihrer homosexuellen Begabung.

Mein heiliger Zorn ist gross, weil für mich dieser Entscheid ein Verrat an der Menschwerdung Gottes ist. Was ist das für eine Scheinheiligkeit, zu erzählen, dass Gott alle Menschen bedingungslos liebt – die Kernaussage des kommenden Weihnachtsfestes –, wenn zugleich mit unbarmherziger Härte betont wird, dass homosexuelle Menschen sich nämlich in einer Situation befinden, „die in schwerwiegender Weise daran hindert, korrekte Beziehungen zu Männern und Frauen aufzubauen.“ (Nr. 199). Als Theologe und spiritueller Autor, der seit 13 Jahren in seiner Partnerschaft mit einem Mann dankbar das Geschenk der Liebe Gottes erfährt, protestiere ich mit meiner ganzen Kraft gegen diese schamlose Behauptung.

Ich rufe alle Menschen auf, denen der Menschenrechtstag am 10. Dezember 2016 wichtig ist, Einspruch zu erheben, auch Kirchgemeinden und Seelsorgeteams. Der Theologe und Psychotherapeut Wunibald Müller tut es in seinem soeben erschienenen Buch „Warum ich dennoch in der Kirche bleibe“ (Kösel-Verlag München 2016). 25 Jahre lang hat er Priester und Ordensleute im Recollectiohaus der Abtei Münsterschwarzach begleitet. Aufgrund seiner jahrelangen, kompetenten Erfahrung schreibt er: „Gerade die Begegnungen mit schwulen Priestern haben mich gelehrt, dass das, was die offizielle Kirche hier praktiziert, nicht richtig und auch nicht gottgewollt sein kann. Man stelle sich vor, ein so begnadeter geistlicher Schriftsteller wie der Priester Henri Nouwen oder der ehemalige Priester Pierre Stutz, der durch seine Bücher so vielen Menschen hilft, zu Gott zu finden, beides Freunde von mir, dürften nach der gängigen Lehre, zumindest soweit sie vom Vatikan bestimmt wird, nicht zu Priestern geweiht werden. Das kann einfach nicht richtig sein, und da kann ich gar nichts anders, als meine Stimme zu erheben und darauf hinzuweisen, dass das nicht in Ordnung ist, dem Menschen und Gott nicht gerecht wird.“ (S. 151-152).  Ihm und allen, die sich seit Jahren mit Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transpersonen und intergeschlechtlichen Menschen glaubwürdig solidarisieren, danke ich von Herzen.

 

8. Dezember 2016, Pierre Stutz

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