Basler Kirche lässt Flüchtlinge fallen

Die Polizei beendete heute Morgen jäh die Hoffnung auf den Schutz durch Kirchenasyl in der Basler Matthäuskirche und verhaftete acht Asylsuchende. Ein Kommentar von Wolf Südbeck-Baur

Etwa 400 Menschen protestieren gegen die Verhaftung von acht Papierlosen, die in der Matthäuskirche Schutz gesucht hatten. (Fotos: Südbeck-Baur)
Etwa 400 Menschen protestieren gegen die Verhaftung von acht Papierlosen, die in der Matthäuskirche Schutz gesucht hatten. (Fotos: Südbeck-Baur)

Die Aktivistengruppe ist schockiert, enttäuscht. Bis zuletzt hatten acht Afrikaner und ihre etwa 25köpfige Unterstützergruppe «Wir bleiben» gehofft, in den Räumen der Basler Matthäuskirche Schutz vor Ausschaffung zu finden und eine Debatte über eine humane Migrationspolitik in die Öffentlichkeit zu tragen. Beides ist gründlich misslungen. Am grauen Morgen des 3. März räumte die Polizei die kirchlichen Räume und verhaftete die acht abgewiesenen Asylsuchenden.
Nach einem einzigen Gespräch, in dem der Hausherr, Basels reformierter Kirchenrat, die Hausfriedensbrecher zum freiwilligen Verlassen der Räume aufgefordert hatte, überliess der Rat der Polizei das Feld. Gewalt statt Gespräch – ein vorerst unversöhntes Ende des Versuchs junger engagierter Leute auf dem Sprung ins Leben, das Zusammenleben für alle – Flüchtlinge und Fremde inklusive – im Gespräch mit Kirchen, Behörden und Öffentlichkeit ein wenig menschlicher zu gestalten. Fassungslos ist festzustellen: Kirchenverantwortliche haben in Basel eine einmalige Chance verspielt. Roger Thiriet, Sprecher der reformierten Kirche Basel, sieht das freilich anders.  Aus seiner Sicht „hat der Kirchenrat mit dem polizeilichen Eingreifen nichts zu tun“, wie er auf Anfrage erklärt. Das Basler Migrationsamt „hat aus eigener Initiative die Personenkontrolle durchgeführt“. Das sei allerdings auch wenig überraschend gewesen, nachdem die Aktivengruppe „Wir bleiben“ gestern mit einer Medienmitteilung an die Öffentlichkeit gegangen war und damit die vereinbarte Vertraulichkeit  verletzt hätte.

Damit schiebt Basels reformierter Kirchenrat den schwarzen Peter den Behörden und der Unzuverlässigkeit der Aktivistengruppe zu. Mit Verlaub, meine Herren, da machen Sie sich es zu einfach! Hätten Basels Kirchenverantwortliche ein echtes Interesse an der dringend not-wendigen öffentliche Debatte über eine humane Migrationspolitik gehabt, hätten sie – Fasnacht hin oder her – in den vergangenen Wochen offensiv das Gespräch über Menschenrechte umd Migration, über Flüchtinge und Bibel aufnehmen können. Sie haben es nicht getan und damit den Behörden signalisiert, gegen eine polizeiliche Räumung wehren wir uns als Kirche nicht. Stattdessen haben die Kirchenverantwortlichen in Basel acht abgewiesene Flüchtlinge fallen lassen wie heisse Kartoffeln. Gleichwohl geht die Debatte auch kirchenintern jetzt erst richtig los. Vielleicht liegt hier auch eine versöhnliche Chance, zerschlagenes Porzellan zu kitten und aufeinander zuzugehen.


Weitere Informationen der Aktivistengruppe:

7 Gedanken zu „Basler Kirche lässt Flüchtlinge fallen“

  1. Es ist wahr, dass die Kirchen ihre Verpflichtung zum Schutz Verfolgter dem Staat nicht aufzwingen kann. Sie kann jedoch zeichenhaft zeigen, wo der Staat seinen eigenen Gesetzen nicht folgt oder der Sorgfaltspflicht nicht gerecht geworden ist. Missfällt dieser Einsatz den staatlichen Organen – auch durch ein Kirchenasyl – haben kirchlich Verantwortliche die staatlichen Strafen auf sich zu nehmen. Das gehört zum zeichenhaften Handeln und zum Auftrag der Kirchen, notleidende Verfolgte zu schützen. Die einzelnen Christen, welche diese kirchliche Verantwortung wahrnehmen, müssen jedoch auch mit der Missbilligung durch Kirchenbehörden rechnen. Dann ist wiederum das zeichenhafte Handeln – und sei es durch Beten, Demonstrieren, Anklagen oder gewaltfreie Aktionen – angesagt. Es tut mir sehr leid, dass die Aktionsgruppe sich vom reformierten Kirchenrat hat übertölpeln lassen. Darunter leiden jene, denen Asyl gewährt wurde. Ich untetütze diese Gruppe gerne, wenn sie deutlich macht, wie sie den bedrohten Asylanten jetzt beistehen möchte. Es gibt viele Kirchen und Nischen im Land. Peter Eicher

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  2. Steht ja schon in der Bibel. Die Wölfe im Schafspelz oder auf neudeutsch: Der reformierte Kirchenrat in Basel. Schämen Sie sich meine Damen und Herren Pseudochristen.

    Was haben Individuen, wie Sie werter Kirchenrat mit Verlaub noch mit Jesus, der Bibel oder dem Christentum am Hut? Ach so, das liebe Geld der dummen Kirchgänger und christlichen Beitragszahler, das nehmt Ihr gerne. Pfui Teufel Reformierte Kirche Basel, pfui Teufel.

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  3. hallo
    die polzei darf erst einschreiten, wenn der hausherr eine strafanzeige macht.
    entweder wird uns hier was vorgelogen, oder die polizei hat ihre kompetenzen massiv überschritten

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    • Falsch… Siehe vor allem Punkt 2…

      Betreten von Grundstücken und Durchsuchen
      von nicht öffentlichen Räumen

      § 51. Wenn es zur Erfüllung der polizeilichen Aufgaben notwendig
      ist, darf die Kantonspolizei auch nicht öffentliche Räume und private
      Grundstücke betreten.
      2 Die Kantonspolizei kann solche Räume ohne Einwilligung der berechtigten
      Person nur durchsuchen
      1. zur Abwehr einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr;
      2. wenn Verdacht besteht, dass sich dort eine Person befindet, die in
      Gewahrsam genommen werden darf.

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  4. Schockierend ist ebenfalls, wenn es einem danach ist, ein Zeichen der Solidarität zu setzen und man an einem spontanen und sehr friedlichen Umzug teilnimmt – die Polizei dann aber teilweise ohne Vorwarnung mit Gummischrot und Tränengas auf die Versammlung schiesst. Diese Warnschüsse – die im Übrigen auch Personen getroffen haben – scheinen der Basler Polizei aber nicht zu reichen: So schiesst sie auch dann noch, wenn sich die Menschenmenge bereits auf dem Rückzug befindet. Hinterrücks nochmal eins oben drauf…

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