Basler Matthäuskirche duldet abgewiesene Asylbewerber vorerst

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Ein abgewiesener Asylbewerber klopft an die Tür der Matthäuskirche mit der Botschaft: „Wir sind da und bleiben“.

Seit letzten Sonntag hat sich die migrationspolitisch engagierte Gruppe „Wir bleiben“ gemeinsam mit vier abgewiesenen Asylbewerbern im Untergeschoss der Basler Matthäuskirche niedergelassen. Sie wollen die öffentliche Debatte über eine ausländerfreundliche Willkommenskultur lostreten. Die Evangelisch Reformierte Kirche Basel-Stadt ERK wird voraussichtlich nach der Basler Fasnacht das Gespräch mit den jungen Erwachsenen suchen.

Von Wolf Südbeck-Baur (Text und Fotos)

Ein Velo-Anhänger voll gepackt mit Brot, Gebäck und Esswaren weist den Weg ins Untergeschoss der Basler Matthäuskirche. Die Treppe runter und der Besucher trifft auf eine Gruppe junger Leute, die am Tisch hocken und plaudern. Drei der vier abgewiesenen Asylsuchenden sind anwesend. Die jungen Männer, die offensichtlich aus Afrika geflüchtet sind, werfen sich fragende Blicke zu.

Kirchenasyl 2016 Matthäuskirche BS 012Ohne Zögern springt Francois Murgenthaler (Name geändert, Red.), ein Sprecher der Gruppe „Wir bleiben“, auf und nimmt sich Zeit für den unangekündigten aufbruch-Besuch. „Für uns stehen nicht die Fluchtgeschichten der Asylsuchenden im Vordergrund“, erklärt er. „Schutz der von Ausschaffung Bedrohten und Öffentlichkeit herstellen, das ist es, was wir erreichen wollen“, sagt er. Weder von Kirchenasyl noch von Kirchenbesetzung wollten sie reden. Vielmehr wolle die Gruppe Räume öffnen und eine Plattform bieten für Debatten über eine menschliche Ausländerpolitik. Auf dem Flyer begründet „Wir bleiben“ ihren Einzug in die Matthäuskirche so: „Zum einen erhalten wir so den unbedingt notwendigen Schutz vor Ausschaffungen. Zum anderen gestalten wir einen sozialen Raum, in dem Begegnungen unabhängig von Herkunft und Kategorisierungen stattfinden können.“  Laut Murgenthaler entstehe so ein Ort, an dem Perspektiven für politische Veränderungen geschaffen würden. Deshalb wolle die Gruppe auch anders als andere  Bleiberecht-Organisationen wie etwa das Lausanner Collectif R (vgl. aufbruch Nr. 215) von vornherein keine Forderungen stellen. „Die Debatte um das Dublin-Abkommen zum Beispiel greift zu kurz“, erklärt Murgenthaler. Er macht unaufgeregt klar, dass die Gruppe „Wir bleiben“ eine offene Gruppe sei mit „Menschen unterschiedlicher Herkunft, die mit der derzeitigen Migrationspolitik nicht leben können“.  Für einige der Gruppe – gemeint sind die vier abgewiesenen Asylbewerber – „ist die Kirche ein Ort, an dem wir Schutz finden und der uns die Möglichkeit gibt, jenseits der Lager und Gefängnisse selbstbestimmt zu leben“. Ein anderer Teil der etwa 30köpfigen Gruppe wehrt sich gegen die Migrationspolitik, „weil wir nicht länger ihrer täglichen Durchsetzung zusehen können“. Auf ihrem Flyer hält „Wir bleiben“ fest: „Sie trifft uns in unserer Vorstellung von Solidarität und Gleichheit.“ Und weiter: „Wir beginnen damit, im Kleinen Alternativen zu schaffen. Für uns ist die Kirche ein Ort, an dem wir Solidarität leben und Perspektiven für Veränderungen gestalten können.“

Kirchenasyl Matthäuskirche Demo 001Diese Haltung trug die Gruppe am Mittwoch Abend mit einem grossen Plakatbanner vor die Pforten der Kleinbasler Matthäuskirche. „Wir sind da und bleiben“ prangt in grossen Lettern auf deutsch, englisch und französisch auf dem Transparent. Vor cirka 150 Sympathisanten begrüsste ein junger Mann aus Gambia die Menge und bekräftigte: „We love to stay in Switzerland“. Er und seine drei abgewiesenen Kollegen möchten in der Schweiz bleiben. Darum „join us and support us – begleitet und und unterstützt uns“. Diese Bittbotschaft reckten sie in den schwarzen Basler Himmel.

Der Kirchenrat der Evangelisch Reformierte Kirche Basel ERK indes hatte bereits am Vortag in einer knappen Pressemitteilung verkündet, dass er die Aktion als „Hausfriedensbruch“ betrachte gmäss der „gesetzlichen Bestimmung, wonach Asylbewerberinnen und -bewerber, deren Gesuch nach korrekter Abwicklung des vom Gesetzgeber vorgesehenen Verfahrens abgelehnt worden ist, das Land zu verlassen haben“. Einen Räumungsantrag habe die ERK bisher aber noch nicht gestellt. Man wolle „zuerst das Gespräch mit den Besetzern suchen“. Man darf also gespannt sein auf diese Gespräche, die laut „Wir bleiben“-Mann Francois Murgenthaler vermutlich erst nach Abschluss der Basler Fasnacht stattfinden werden.

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