Die Hoffnung stirbt nie

Innovatives Pflegezentrum stemmt sich gegen den Wind

Wenn Menschen mit einer Querschnittslähmung oder ALS nach einer Operation nicht sogleich nach Hause können, schliesst Rückenwind plus die Versorgungslücke zwischen Spitalbehandlung und Pflegeheim. Der Spitalstation im Pflegezentrum Bad Zurzach droht allerdings das finanzielle Aus, wie der aufbruch im Mai berichtete (s. Nr. 268, S. 5). Grund: Der Stiftungsrat der Schweizer Paraplegiker-Stiftung SPS in Nottwil zieht ernsthaft ein Ende der Unterstützung von Rückenwind plus in Betracht. Dies aus möglicherweise durchaus eigennützigem Kalkül. Wie geht es mit Rückenwind plus (RW+) weiter, insbesondere finanziell? RW+ Verwaltungsratspräsident Peter Lude, selbst Rollstuhlfahrer, Vizepräsidentin Sabine Felber und Arzt und Verwaltungsrat Manfred Gartner – mithin der gesamte Verwaltungsrat – legen im Folgenden ihre bedenkenswerten Argumente dar, warum eine Weiterführung von Rückenwind plus gerade aus gesundheitspolitischer Sicht mehr als sinnvoll erscheint. (Red.)

Von Peter Lude, Sabine Felber und Manfred Gartner

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. November 2023 muss die Finanzierung der spezialisierten Pflege mit medizinischen Dienstleistungen innerhalb des Pflegegesetzes gefunden werden.

Das Angebot wird als sinnvoll erachtet. Da RW+ schwere Komplikationen bei den Patienten vermeidet, die anderswo teuer behandelt werden müssten, ist RW+ zwar ein Spital im Pflegezentrum, aber nicht überwiegend Spital. Klar ist: Diese Art der Versorgung verhindert Leiden und senkt Kosten. Die Frage ist nur, wie es finanziert werden soll.

RW+ rechnet über den Spitex-Tarif ab, abgesehen von einzelnen Versicherungen, die bereits die vollen Kosten übernehmen. Es entsteht eine Differenz von rund 800 Franken pro Tag und Patient. Die Schweizer Paraplegiker-Stiftung (SPS) übernimmt die ungedeckten Pflegekosten pro Patient auf der Station Rückenwind plus. Sie übernimmt keine weiteren Kosten. Und sie übernimmt diese Kosten nur so lange, bis sie auf dem Campus Nottwil unter dem Regime der SPS ein solches Angebot aufgebaut hat.

Dadurch entstehen folgende Herausforderungen: Die Station in Bad Zurzach hat 24 Betten, wovon zwei Betten immer für Notfälle bereit sind. Die Station braucht eine durchschnittliche Belegung von 18 Patienten, um kostendeckend zu sein. ParaHelp und das Schweizer Paraplegiker-Zentrum Nottwil (SPZ) haben bis heute die Kooperationsverträge, die mit beiden unterschriftsreif ausgearbeitet wurden und seit dem letzten September vorliegen, nicht unterzeichnet. Lapidare Begründung: nicht zweckmässig. Notfälle zum Beispiel durch Ausfall von pflegenden Angehörigen gibt es häufiger als man denkt. Hierfür fehlt der SPS bis heute allerdings das Bewusstsein. Das SPZ hat aus bekannten Gründen kein Interesse, RW+ zu unterstützen, und ParaHelp kann sich gegenüber dem fehlenden Bewusstsein der SPS nicht durchsetzen, obwohl sie den Bedarf am dringendsten sieht.

RW+ muss also selbst darum besorgt sein, seinen Bekanntheitsgrad zu steigern und ein eigenes Patienten-Netzwerk aufbauen. Der Initiant von Rückenwind plus, alt Nationalrat Guido A. Zäch – er ist auch Gründer der Schweizer Paraplegiker-Stiftung SPS – sagte bei der Mitgliederversammlung der Gönner-Vereinigung der SPS Ende April in Nottwil, dass es mindestens vier solche Stationen in der Schweiz brauche. RW+ hat den Bedarf, der seit 2017 von der SPS verneint wurde, eindrücklich nachgewiesen. Und zwar derart überzeugend, dass die SPS nun selbst ein Angebot aufbauen will.

Wichtig ist, dass der Aufbau in Nottwil nun auch innerhalb des Pflegegesetzes geschehen muss. Das war bisher der Grund, weshalb es dort nicht gemacht wurde, weil es finanziell nicht attraktiv war. Die Deckung der Differenz der ungedeckten Pflegekosten umfasst pro Jahr rund drei Prozent der jährlichen Spendeneinnahmen der SPS. Die SPS jedoch erachtet diese Form der Direkthilfe an die Patienten, für die insbesondere die Spenden gesammelt werden, als zu teuer. Die Herausforderung besteht darin, solche Ungereimtheiten öffentlich zu machen, da seitens SPS alles dafür getan wird, die Station in Bad Zurzach so bald wie möglich finanziell nicht mehr unterstützen zu müssen.

ALS-Patient Thomas Gröbly, Theologe und Autor, findet wertvolle Pflege auf der Spitalsstation Rückenwind plus im Pflegeheim Bad
Zurzach. Bis ein neues Pflegegesetz in Kraft ist, ist die Station auf Unterstützung angewiesen. Foto: Wolf Südbeck-Baur

Von Anfang an betonte RW+, dass das Angebot in Bad Zurzach finanziell unabhängig von der SPS sein soll. Pikanterweise waren es die Standortkantone der Paraplegiker-Zentren, die diese sinnvolle Schliessung der Versorgungslücke bekämpften. Sie brachten dadurch die SPS in das Dilemma, Bad Zurzach als Störfaktor zuerst beseitigen zu wollen, bevor man selbst ein solches Angebot aufgebaut haben wird. Da wir immer offen kommuniziert haben, verfügt Nottwil über alle Informationen. Die SPS sammelt schweizweit Spendengelder auch für die Direkthilfe.

Die grösste Herausforderung besteht aus unserer Sicht nun darin, wie man die SPS dazu bringt, auf den Weg der Glaubwürdigkeit zurückzufinden und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit ganz im Sinne der Statuten der Stiftung und vor allem der Patienten zu fördern. Rückenwind plus hofft, so schnell wie möglich von der SPS unabhängig zu werden, sprich finanziell gesichert arbeiten zu können. Bis die notwendige Lösung innerhalb des Pflegegesetzes gefunden und somit das Überleben der Station gesichert ist, sind wir auf Unterstützung angewiesen. Wer überleben will, gibt nie auf.

Weitere Informationen inklusive Spendenkonto finden Sie auf rueckenwindplus.ch

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