Die Macht hinter dem verstorbenen Papst

Wie das Opus Dei Benedikt XVI. auf den Papstthron half.

Jetzt ist Papst emeritus Benedikt XVI. gestorben. Der aufbruch blendet in einem redaktionell überarbeiteten Gespräch mit dem Publizisten und Theologen Peter Hertel zurück ins Jahr 2005, als Joseph Ratzinger zum Papst gewählt war. Vieles spricht dafür, dass der Kardinal ohne die Weihen des Geheimbundes Opus Dei nicht Papst geworden wäre. Auszüge aus dem Gespräch wurden erstmals 2005 im aufbruch publiziert.

Interview: Wolf Südbeck-Baur

Franziskus und Benedikt © Vatican News

aufbruch: Peter Hertel, Sie sagen, die Opus Dei-Weihen für Kardinal Joseph Ratzinger seien Voraussetzung für seine Wahl zum Papst gewesen. Wie begründen Sie dies?

Peter Hertel: Die meisten der 115 Papstwähler waren ziemlich konservativ. Zu ihnen zählte auch Kardinal Ratzinger, der Präfekt der Glaubenskongregation. Für mich legt sich nahe, dass er ohne die Angehörigkeit zu dieser konservativen Gruppe und ohne die Weihen ihrer mächtigsten Truppe, des Opus Dei, nicht Papst geworden wäre. Auch international gibt es dafür Belege, wie beispielsweise zwei Tage nach dem Konklave die „Washington Post“ berichtete.

aufbruch: Welche Weihen hat Kardinal Ratzinger vom Opus Dei bekommen?

Peter Hertel: 1982 versuchte er noch, mit vatikanischen Gleichgesinnten, die Macht der Organisation einzudämmen: Er trug erheblich dazu bei, dass das Säkularinstitut Opus Dei nicht eine Personaldiözese, sondern nur eine Personalprälatur wurde. Als es jedoch Mitte der 80er Jahre um den Kampf gegen die Befreiungstheologie ging, wandte er sich dem Opus Dei mehr und mehr zu. In der Folge wurde er zu Veranstaltungen des Opus Dei eingeladen und hielt dort Vorträge. 1998 wurde er theologischer Ehrendoktor der Opus Dei-Universität in Pamplona. Dazu flog der Opus-Chef eigens von Rom nach Spanien.

Joseph Ratzinger, Archivbild

„Im Gegensatz zu Johannes-Paul II. ist Ratzinger ein Kirchenführer, der die Dinge sehr viel geräuschloser und samtiger anpackt. Insofern entspricht er eher der Strategie des Opus-Gründer Escrivá, der seinen Jüngern die „Diskretion“ als „Griff deiner Waffe“ empfahl. Und: sei eine stählerne Keule in einem gepolsterten Futteral. Ich denke zudem, dass Ratzinger stets ein ungebrochenes Verhältnis zur kirchlichen Macht hatte.“

Peter Hertel

aufbruch: Also eine gezielte Strategie?

Peter Hertel: Teils, nicht zuletzt atmosphärische Strömungen. Zum Beispiel haben zwei lateinamerikanische Kurienkardinäle aus dem erzkonservativen Ambiente schon frühzeitig bei purpurnen Amtsbrüdern in Lateinamerika für Ratzinger als Papst geworben: López Trujillo und Castrillón Hoyos. Im Gegensatz zu Johannes-Paul II. ist Ratzinger ein Kirchenführer, der die Dinge sehr viel geräuschloser und samtiger anpackt. Insofern entspricht er eher der Strategie des Opus-Gründer Escrivá, der seinen Jüngern die „Diskretion“ als „Griff deiner Waffe“ empfahl. Und: sei eine stählerne Keule in einem gepolsterten Futteral. Ich denke zudem, dass Ratzinger stets ein ungebrochenes Verhältnis zur kirchlichen Macht hatte.

„Kirchliche Macht – ein Schlüsselbegriff. Innerhalb der klassischen Theologie wird sodann der übernatürliche Bereich nicht mit Macht in Verbindung gebracht, sondern immer nur mit Dienst. So denkt das Opus Dei und, wie mir scheint, auch Papst Benedikt XVI.“

Peter Hertel
Peter Hertel (© Wolf Südbeck-Baur)

aufbruch: Vor einigen Jahren hat Kardinal Ratzinger in einem Interview-Buch das Streben nach Macht und Reichtum als etwas bezeichnet, das nicht glücklich macht: „Man muss die gewöhnlichen Massstäbe – Glück ist Reichtum, Besitz, Macht – verlassen. Denn gerade wenn man diese Dinge zum Mass nimmt, ist man auf dem falschen Weg.“ Das steht im Widerspruch zum kirchenpolitischen Machtdenken, was Sie, Herr Hertel, bei Joseph Ratzinger als gegeben annehmen. Wie verhält sich bei Benedikt die dokumentierte abstinente Haltung zur Macht zur Hinwendung zum Opus Dei?


Peter Hertel: „Kirchliche Macht“ – ein Schlüsselbegriff. Um ihn zu verstehen, ist ein Blick auf das klassische theologische Gedankengebäude erforderlich: die Gnade setzt die Natur voraus und überhöht, vollendet sie. Hier werden der natürliche und der übernatürliche Bereich unterschieden, in einer starren Neuscholastik werden sie schliesslich getrennt. Innerhalb der klassischen Theologie wird sodann der übernatürliche Bereich nicht mit Macht in Verbindung gebracht, sondern immer nur mit Dienst. So denkt das Opus Dei und, wie mir scheint, auch Papst Benedikt XVI.
Die Kirche ist jedoch auch eine Einrichtung, in der Menschen handfest Macht anwenden. So ist es selbstverständlich, dass es auch in der Kirche um Macht, Einfluss und Eifersüchteleien geht.
Die sich religiös verstehende Prälatur Opus Dei behauptet jedoch, sie habe mit Macht nichts zu tun, es gehe ihr einzig um die Rettung der Seelen. In Wirklichkeit aber setzt sie auch nicht-religiöse Machtmittel und sogar „heiligen Zwang“ für ihre Zwecke ein, um angeblich Seelen zu retten. Die Mittel jedoch hinterfragt sie nicht. Escrivá: „Die Mittel interessieren uns nicht um ihrer selbst willen, sondern allein zur Rettung der Seelen.“

aufbruch: Welches Denken steht dahinter?

Peter Hertel: Inqusitorisches: Der Zweck kann die Mittel heiligen. Escrivá empfiehlt, mit „heiligem Zwang“ den „Selbstmord der Seele“ zu verhindern. Oder: Die „religiöse“ Prälatur sagt, das einzelne Opus-Dei-Mitglied habe sich selbstverantwortlich um seinen Beruf zu kümmern. Sie selbst habe damit nichts zu tun. Nachweislich jedoch wurde im Beruf mit unmoralischen Mitteln auch Kapital erworben. Es gehört der Prälatur nicht, aber sie kann darüber verfügen. Fazit: man muss dieses doppelbödige theologische Verständnis von Begriffen wie Macht, Dienen, Herrschen, Einfluss, Reichtum usw. im Hinterkopf haben, wenn man bei Ratzinger wie auch beim Opus Dei von Macht liest.

aufbruch: Wie wirkt sich diese Haltung des Papstes zum Beispiel auf seine Beurteilung fortschrittlicher Kirchenbewegungen aus?

Peter Hertel: Ich denke, zu unterscheiden ist zwischen Ratzingers abgehobener Theologie und seiner konkreten Kirchenpolitik als mächtiger Hierarch. Da gibt es etwa eine Aussage, die er als Kardinal 1998 in Hamburg gemacht hat: Alle Katholiken hätten denselben „common ground“, ein gemeinsames ideologisches Fundament. Von daher hätten ein Opus Dei-Mann und ein „Volksbegehrler“ (Ratzinger vermied „Kirchen“-Volksbegehrler) die gleiche Berechtigung. Das sagte der Theologe. Doch als ranghoher Hierarch, der letzte Entscheidungen treffen kann, sprach er sie dem Kirchenvolksbegehrler ab: Zum einen ist das, was bei den fortschrittlichen Gruppen läuft, für ihn nicht ganz katholisch, wie er es in Hamburg zum Ausdruck brachte. Zum einen gibt er in der kirchenpolitischen Praxis dem Opus Dei und den konservativen Gruppen bekanntlich den Vorrang.

aufbruch: Das Opus Dei sei die wichtigste Macht hinter dem Papst, stellen Sie fest. Können Sie das mit Beispielen belegen?

Peter Hertel: Ein Beispiel: Die zölibatär lebenden Mitglieder des Opus Dei sind arm. Sie geben ihr meist aussergewöhnlich hohes Einkommen an die religiöse Prälatur ab. Dazu kommt das Kapital, das Opus-Mitglieder als Konzernherren und Banker erwarben und das, wie ich schon andeutete, der „rein-religiösen“ Prälatur nicht gehört, über das sie aber verfügen kann. Es wurde – laut einem betroffenen, in Beweisnot geratenen Mitglied – auch tatsächlich kirchenpolitisch eingesetzt, was verschleiert worden sei. Ich kenne keine andere kirchliche Organisation, wo Geheimniskrämerei so konzentriert auftritt. Auf Geheimhaltung, Reichtum und damit verbundene Macht, aber auch auf meine 30jährigen kirchenpolitischen Beobachtungen und Recherchen stütze ich meine These, dass das Opus Dei die stärkste Macht hinter dem Papst sei.

7 Gedanken zu „Die Macht hinter dem verstorbenen Papst“

  1. Immer wieder wundere ich mich darüber, wie sehr die obersten Glaubenshüter ihre eigenen Machtinteressen und ideologische Verbohrtheit mit theologischen Argumenten verbrämen. Sie scheinen sich nicht bewusst zu sein, wie sehr auch ihre eigenen menschlichen Schwächen und machtpolitischen Motive ihre Amtsführung bestimmen, die sie – ziemlich unverfroren – als von Gott gegebener Auftrag bzw. im Dienste Christi glauben rechtfertigen zu können.

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  2. Nun, er war ein Bremser – Verhinderer. Ihm hat der Konzern Kirche zu verdanken, dass Hundertausende von katholischen Kunden diesem Verein den Rücken gekehrt haben.
    Er hat es nicht fertig gebracht, Frauen in alle Stufen der Kirche zu integrieren.
    Er hat es nicht fertig gebracht, katholische Priester heiraten zu lassen.

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  3. Papst Benedikt (Ratzinger) – Pontifikat mit tiefschwarzen Schatten. Er ist und war ein besonderes Kreuz für seine Kirche!

    Der Religionsmonopolist. Papst Benedikts Pontifikat ist durchzogen von einer Reihe von Irritationen – um es euphemistisch auszudrücken –, die nicht dazu beigetragen haben, das Verhältnis zwischen den Religionen und Konfessionen zu verbessern und einen Beitrag zum ökumenischen Dialog bzw. Frieden einzuleiten. Drei Beispiele mögen das belegen: Der Konflikt mit dem Islam, mit dem Judentum, mit den Kirchen der Reformation.
    Bei seiner Bayern-Reise im Jahr 2006 sprach der damalige Papst Benedikt XVI. im Audimax der Universität Regensburg über Glaube und Vernunft. Dabei zitierte er den byzantinischen Kaiser Manuel II., der dem Islam vorgeworfen hatte, den Glauben mit Gewalt verbreiten zu wollen.
    „Er [Kaiser Manuel II.] sagt: ‚Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten‘.“ Wütende islamische Proteste nach Rede von Papst Benedikt XVI. waren die Folge: Von der Türkei bis Malaysien, von Nordafrika bis Pakistan gab es diplomatische Proteste gegen die Worte des Papstes, gewalttätige Massendemonstrationen und Ausschreitungen aufgebrachter Muslime sowie lautstarke Empörungsreden von Imamen und islamistischen Politikern. In Somalia wurde eine Ordensfrau erschossen. Benedikt XVI. reagierte prompt und drückte sein Bedauern aus. In einer nachträglich eingefügten Fußnote schreibt der Papst: „Dieses Zitat ist in der muslimischen Welt leider als Ausdruck meiner eigenen Position aufgefasst worden und hat so begreiflicherweise Empörung hervorgerufen. Ich hoffe, dass der Leser meines Textes sofort erkennen kann, daß dieser Satz nicht meine eigene Haltung dem Koran gegenüber ausdrückt, dem gegenüber ich die Ehrfurcht empfinde, die dem heiligen Buch einer großen Religion gebührt.“ Im Dezember 2006 erschien die offizielle und mit Fußnoten versehene Ausgabe der Regensburger Rede. Der umstrittene Absatz wurde wie folgt abgewandelt: „Ohne sich auf Einzelheiten wie die unterschiedliche Behandlung von ‚Schriftbesitzern‘ und ‚Ungläubigen‘ einzulassen, wendet er sich in erstaunlich schroffer, für uns unannehmbar schroffer Form ganz einfach mit der zentralen Frage nach dem Verhältnis von Religion und Gewalt überhaupt an seinen Gesprächspartner.“
    In den Fußnoten wird erneut betont, dass der Papst das Missverständnis bedauert und sich nie das Zitat zu eigen machen wollte, sondern lediglich auf den wesentlichen Zusammenhang zwischen Glaube und Vernunft hinführen wollte und Ehrfurcht gegenüber dem Koran empfindet.

    Judentum: Die Neuformulierung der Karfreitagsfürbitte – eineTragödie. 1998 bestätigte Ratzinger seine theologische Einstellung in seinem Buch „Die Vielfalt der Religionen und der eine Bund“: Der „Sinaibund“ wird durch den Messias Jesus überschritten, sein „Vorläufiges abgestreift“, und es erscheint seine wahre „Endgültigkeit“. Ein Heil für Israel ohne Glauben an Jesus Christus gibt es also nicht – eine Überzeugung, die Ratzinger auch zum Ende des Jubiläumsjahres 2000 ausdrückte: „Lasset uns beten, dass Gott auch den Kindern Israels ein tieferes Wissen von Jesus von Nazaret geben möge …“ Für die römisch-katholische Kirche hatte das II. Vatikanische Konzil mit seiner Erklärung „Nostra Aetate“ ein völlig neues Kapitel in den christlich-jüdischen Beziehungen aufgeschlagen, indem es christliche Schuld an den Juden eingestand, Antijudaismus und Antisemitismus verurteilte und mit der Feststellung, Gottes Bund mit Israel sei ungekündigt, eine theologische Kehrtwende vollzog. Diese Einstellung führte erstmals in der Geschichte ihrer Beziehungen zu einem seriösen Dialog zwischen der römisch-katholischen Kirche und dem Judentum.
    Ein Ergebnis dieses Dialogs ist ein gänzlich neues Karfreitagsgebet für die Juden in der Gottesdienstreform von 1970. Dieses Gebet hält dem Niveau gegenwärtiger jüdisch-christlicher Beziehungen stand und spiegelt grundlegende exegetische Einsichten. Jüdische Einwände gab und gibt es nicht. Doch eine Minderheit katholischer Theologen und Prälaten kam mit der Kehrtwendung nicht zurecht. 1985 begann die Restauration. Die vatikanische Kommission für religiöse Beziehungen mit den Juden publizierte „Richtlinien“ zum „Judentum in Predigten und in der Katechese“. Darin hieß es, dass sich nur in der katholischen Kirche „die ganze Fülle der Heilsmittel“ finde. Das allein wäre noch kein Auftrag zur Judenmission gewesen. Doch dargelegt wurde auch, dass die Kirche allein der richtige Erlösungsweg sei: „Kirche und Judentum können nicht als parallele Wege der Erlösung gesehen werden.“ An diesem Dokument hatte die Glaubenskongregation unter Kardinal Joseph Ratzinger entscheidenden Anteil. (…)

    Kirchen der Reformation. Das am 5. September 2000 veröffentlichte Vatikan-Dokument „Dominus Iesus“ ist zum Symbol für die Probleme im evangelisch-katholischen Dialog geworden. Darin hatte sich Rom in klaren Worten von den evangelischen Kirchen abgegrenzt. Bei diesen handele es sich nicht um „Kirche im eigentlichen Sinne“, so der Kernsatz.
    Die Protestanten waren empört. (…) Die am 6. August 2000 unterzeichnete Erklärung wurde vom damaligen Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger – dem späteren Papst Benedikt XVI. – formuliert und noch von Papst Johannes Paul II. bestätigt. Der Text fasst Aussagen zum Kern des Glaubens zusammen, die für den Dialog mit nichtchristlichen Religionen und das ökumenische Gespräch von Bedeutung sind. Herausgestellt wird die geschichtliche Kontinuität zwischen der von Christus gestifteten und der katholischen Kirche: „Dies ist die einzige Kirche Christi.“ Protestanten empfanden diese Feststellung als Affront. (…)
    Die römisch-katholische Kirche erhebt darin den Anspruch, dass ihre Lehre mit den Grundaussagen der biblischen Apostel vor rund 2.000 Jahren übereinstimmt. Das tun allerdings alle Kirchen. Für die römisch-katholische Kirche ist Kontinuität vor allem durch die Amtsnachfolge gewährleistet, die von den Bischöfen auf die Apostel und damit letztlich auf Jesus Christus zurückreichen soll. Für Protestanten ist die Verbindung mit den frühen Christen gewährt, wenn Gottes Wort in der Kirche lebendig ist. Paul Haverkamp

    (Hinweis der Redaktion: den vollständigen Text von Haverkamps Antwort können Interessierte bei paul.haverkamp@ewetel.net beziehen)

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  4. Leider ist die Liste von Fehlleistungen des Papstes Benedikt XVI. zu lang. Jetzt wird er von Leuten als grosser Theologe gepriesen, die mutmasslich kein Buch von ihm gelesen haben. Das Pontifikat von Papst Johannes Paul II. und Benedikts muss als Rückschritt und Abkehr vom II. Vat. Konzil gewertet werden. Der Reformstau, unter dem die katholische Kirche jetzt leidet, ist das Ergebnis dieser beiden Pontifikate.

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    • Antwort auf Herr Grunders Kommentar
      Die Maximen von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. Die jesuanischen Leitlinien können und müssen der einzige Anker sein, um die katholische Kirche wachzurütteln vor dem immer schneller voranschreitenden Abgrund in die Bedeutungslosigkeit.
      Doch der jesuanische Ruf verhallt beim kirchlichen Bodenpersonal! Dieses Personal leistete seinen Bitten einen erbitterten Widerstand; z.B. bei der Zulassung aller Frauen zu allen Weiheämtern, bei der radikalen Verfolgung aller klerikalen Pädophilieverbrecher und den Vertuschern und Beschweigern dieser Verbrechen (z.B. Bischof Bode), bei der Abschaffung einer Zweiklassengesellschaft in Klerus und Laien, bei der Aufhebung des Pflichtzölibats, bei der Verweigerung echter Ökumene zwischen den christlichen Kirchen, bei der Suche nach einer neuen Sprache in der Verkündigung der Frohen Botschaft, des Glaubensbekenntnisses und anderer wichtiger schriftlicher Glaubenszeugnisse, bei der Aufhebung der Macht- und Herrschaftsstrukturen einer androzentrisch geleiteten Kirche, bei der Durchsetzung der Ziele für eine Kirche der Armen ( s. Katakombenpakt), bei einer rücksichts- und schonungslose Aufarbeitung wichtiger Stationen der Kirchengeschichte, bei der kritischen Aufarbeitung des Glaubens bezüglich eines Monopolanspruchs angeblich göttlicher Wahrheiten, etc.
      Dieses reformverweigernde Amtskirchenvertreter-Klientel wurde angeführt vom poln. Papst Johannes Paul II. und fand seine unheilvolle Fortsetzung im deutschen Papst Benedikt XVI. Die Reformverweigerer sollten sich doch offen der Meinung von Pius X. anschließen und abwarten auf die Ruhe: die Friedhofsruhe – dass wäre wenigstens ehrlich, aber selbst dazu haben diese Ewig – Gestrigen nicht den Mut. Sie sollten doch deutlich zu dem nachfolgenden Zitat aus dem Jahre 1919 stehen. Dann wären alle Unklarheiten beseitigt.
      Die Modernisten sind „schädlich“, „raffiniert, hinterlistig und heuchlerisch“. Sie seien die schlimmsten „Gegner der Kirche“ da „sie nicht von außen kämen, sondern sich im Herzen derselben verborgen hielten, teils als Laien, teils als Priester, um sich zu Kirchenreformen aufzuwerfen und alles Heilige an Christ Werk, ja dessen Person selbst anzugreifen.“ (Pascendi dominici gregis,1910)

      Folgende von Wut und Enttäuschung geprägten Protestschreie möchte ich posthum diesen Päpsten entgegenschreien:
      • Es soll noch kath. Christen geben, deren religiöse Sozialisation wesentlich durch das 2. Vatikanum beeinflusst worden ist.
      • Es soll noch kath. Christen geben, die Begriffe wie „Dialog“, „Communio“, „Partizipation“ nicht als „indexverdächtig“ verstehen, da sie angeblich den Geist der Aufklärung, der Reformation und des Modernismus atmen.
      • Es soll noch kath. Christen geben, die an die Notwendigkeit eines von Johannes XXIII. geforderten Aggiornamentos und von der vom 2. Vatikanum gefundenen Definition einer „ecclesia semper reformanda“ überzeugt sind.
      • Es soll noch kath. Christen geben, die das Festhalten eines Kirchenverständnisses von Pius IX. und der Enzyklika „Pascendi dominici gregis“ von Pisus X. aus dem Jahre 1907 als einen Irrweg der kath. Kirche im 3. Jahrtausend ansehen.
      • Es soll noch kath. Christen geben, die nicht der evang. Kirche beitreten möchten, sondern „ihre“ kath. Kirche an den Vorgaben des Jesus von Nazareth reformieren möchten (Rückkehr zu den jesuanischen Quellen !!!!)
      • Es soll noch kath. Christen geben, die die Reformverweigerungen von Päpsten und Bischöfen nicht teilen und die diesen Rückwärtsgewandten mit den Worten begegnen, die Jesus seinen Jüngern entgegenhielt, als diese ihrem Herrn bei Seesturm mit Verzagtheit und Kleinmut begegneten: „Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?“ (Mk 4,40)
      • Es soll noch kath. Christen geben, die ihrem Papst und der reformverweigernden Amtshierarchie im Sinne Jesu entgegenhalten: „Duc in altum!“ – „Fahre hinaus auf die See!“
      • Es soll noch kath. Christen geben, die mit Jesus als Referenzgröße für die alternativlosen Reformen den Dienstprimat ansehen und davon überzeugt sind, dass der kath. Kirche nichts Zukunftsweisenderes passieren könnte, wenn sie sich wieder auf den Satz 1 des Konzilsdokuments „Gaudium et spes“ besänne, in dem es heißt: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände. Ist doch ihre eigene Gemeinschaft aus Menschen gebildet, die, in Christus geeint, vom Heiligen Geist auf ihrer Pilgerschaft zum Reich des Vaters geleitet werden und eine Heilsbotschaft empfangen haben, die allen auszurichten ist. Darum erfährt diese Gemeinschaft sich mit der Menschheit und ihrer Geschichte wirklich engstens verbunden.“ (GS 1) –
      Dann wäre die kath. Kirche endlich wieder in jesuanischem Fahrwasser – was könnte ihr Besseres passieren?!
      • Es soll noch kath. Christen geben, die die Aussage aus dem Röm.12,2 ernst nehmen: „Wandelt euch durch ein neues Denken“ ; hin zu einem Denken, das geprägt ist von den von Jesus vorgelebten Werten wie Barmherzigkeit, Diakonie, Menschennähe und Bodenhaftung. In Erinnerung rufen möchte ich den von diesen beiden Päpsten in die Wüste geschickten französischen Bischofs Gaillot, der zu Recht feststellte: „Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts.“
      Die Devise „Wandelt euch durch ein neues Denken“ hat Benedikt nie verfolgt; er war dieser Devise um Lichtjahre entfernt:
      In seinem Schreiben an die Priester vom 18. Juni 2009 zum Jahr des Priesters zitiert Papst Benedikt XVI. zustimmend Johannes Maria Vianney, den Pfarrer von Ars; mit folgenden Worten beschreibt Benedikt mit den Worten des Pfarrers von Ars die Würde des Priesters:
      „Oh, wie groß ist der Priester! … Wenn er sich selbst verstünde, würde er sterben. Gott gehorcht ihm. Er spricht zwei Sätze aus, und auf sein Wort hin steigt der Herr vom Himmel herab und schließt sich in eine kleine Hostie ein …Der Priester ist es, der das Werk der Erlösung auf Erden fortführt…“ Priester gelten in den Augen des Papstes „als besonders auserwählte Menschen, durch die andere erst Zugang zu Erlösung und Frieden erhalten.“
      Wer ein solch „heiliges“ Priesterbild immer wieder wie eine Monstranz vor sich herträgt, der darf sich nicht wundern, dass aufgrund der dem Bild innewohnenden Menschenabgewandtheit, Dienstvergessenheit, Arroganz und Chuzpe eine solche kath. Kirche keinen Rettungsanker findet wird.

      Paul Haverkamp, Lingen

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  5. Problembewusstsein? Mich hat überrascht, dass zum Tode von Papst em. Benedikt XVI./Joseph Ratzinger nicht über sein Tun/sein Lebenswerk gesprochen wird, sondern über die möglichen Hintergründe/Machtverhältnisse, die zu seiner Wahl durch das Konklave geführt haben. Will sagen: Was ist wichtiger, wie / wodurch jemand ein Amt erreicht oder wie er es führt? Nebenbei: Die Angaben von Peter Hertel mögen zutreffen oder nicht, kann dazu nichts sagen; ich weiss nur, dass er sehr engagiert ist. Was ich mit Peter Hertel nicht teile, wenn ich etwa auf den hohen Klerus in der Schweiz blicke, das ist seine Sorge bezüglich eventueller Machenschaften des Opus Dei.

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  6. Hat doch nicht Jesus ebensolche verbohrten – selbstherrlichen – machthungrigen – Priester, aus dem Tempel geworfen ?
    Schade hat die katholische Kirche immer weniger mit Religion zu tun.
    Das Gute geht so verloren. Und immer mehr Menschen wenden sich ab.
    Aber offenbar ist die Macht den Kirchenfürsten immer noch wichtiger.
    Die Zeit wird sehr bald kommen und diese Macht ist vorbei.

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