Ein Njet mit Lächeln

Der Basler Bischof Felix Gmür macht mobil gegen die Kirchliche Gleichstellungsinitiative. Ein Kommentar von

Xaver Pfister

Xaver Pfister ist Mitglied des aufbruch-Vorstands. Bis 2012 war er Informationsbeauftragter der RKK-Basel-Stadt. (Foto: Wolf Südbeck-Baur)
Xaver Pfister ist Mitglied des aufbruch-Vorstands. Bis 2012 war er Informationsbeauftragter der RKK-Basel-Stadt. (Foto: Wolf Südbeck-Baur)

Die kirchlichen Gleichstellungsinitiativen, getragen von der Basis der Römisch-Katholischen Kirche Basel-Stadt und der Römisch-Katholischen Landeskirche Baselland, soll die Behörden (die Synoden und Kirchenräte) verpflichten, darauf hinzuwirken, dass die Römisch-Katholische Kirche die gleichberechtigte Zulassung – unabhängig von Zivilstand und Geschlecht – zum Priesteramt ermöglicht. Das heisst: Abschaffung des Pflichtzölibats und  Zulassung der Frauen zum Priesteramt (vgl.www.kirchliche-gleichstellung.ch).

Die Initiative ist aus der Mitte der Kirche von aktiven Frauen und Männern formuliert und lanciert worden. In den beiden Kantonalkirchen sind bei der Synode, in Basel-Stadt 878 und in Baselland  1’952 gültige und beglaubigte Unterschriften eingereicht worden. Die beiden Kirchenräte haben sich intensiv mit der Initiative auseinandergesetzt und sie befürwortend den Synoden vorgelegt. Beide Synoden haben dem Antrag stattgegeben. Nun muss in beiden Kantonen eine Abstimmung über die Initiative durchgeführt werden.

Am 25. Oktober haben die beiden Kirchenräte eine Stellungnahme des Bischofs erhalten Dieser Brief istin OnlineReports dokumentiert. Darin teilt der Bischof  seine Entscheidungen mit:

1. Er macht den folgenden Änderungsvorschlag: „Die Synode pflegt in gegenseitigen Respekt und unter Wahrung der je eigenen Zuständigkeitskompetenzen den Dialog mit zuständigen kirchlichen Organen und unterbreitet ihnen gemäss can 212 des Kirchenrechtes auch Anliegen von Gläubigen.“ Statt eines Entscheids, ob er die Initiative annimmt oder nicht, formuliert der Bischof hier einen Änderungsvorschlag.
2. Er kann dem ersten Satz der Initiative nicht zustimmen (gleichberechtige Zulassung zum Priesteramt). Dies, weil ihm als Bischof die entsprechende Kompetenz fehlt.
3. Er kann der Initiative auch nicht zustimmen, weil sie letztlich Gläubige (zum Beispiel Behördenmitglieder) dazu verpflichtet, sich gegen eine definitive Lehre der Kirche zu wenden.

„Der Bischof argumentiert undifferenziert, benützt das ius divinum als Maulkorb.“ Xaver Pfister

Folgende Überlegungen werden dem bischöflichen Entscheid vorangestellt. Ich beschränke mich auf die wichtigsten und kommentiere sie.

 

Bischof Felix Gmür (Foto: Wolf Südbeck-Baur)
Bischof Felix Gmür (Foto: Wolf Südbeck-Baur)

1. Das kanonische Recht kenne den Begriff der Gleichberechtigung nicht. Es spricht von einer wahren Gleichheit und kennt keine Grundrechte. Es kennt keine Menschenrechte, sondern Kirchenglied-Rechte. Es gehe dabei um ständische Rechte und nicht um Individualrechte.
Diese Sicht vertritt nur eine kleine Minderheit der Professoren des Kirchenrechtes (Münchner Schule) so. An der ersten Bischofssynode 1967 wurden zehn Leitlinien für die Erarbeitung des Kirchenrechtes formuliert. Dabei wurde unter 6. ein Katalog der Rechte und Pflichten der Gläubigen gefordert und unter 7. eine Verwaltungsgerichtsbarkeit. Diese Anliegen der Bischofssynode hat der Papst nicht übernommen. Damit wird ein Abwürgen der Freiheitsrechte in der Kirche signalisiert. Die von den Bischöfen gewünschten Leitlinien Nr. 6. und 7. sind immer noch hängig.

2. Die Weihe von Frauen zur Priesterin ist ius divinum (leichtes Vergehen), das die Kirche nicht ändern darf, meint der Bischof. In seinem Schreiben „priesterliche Weihe“ habe Johannes Paul II so entschieden.
Kirchenrechtler unterscheiden allerdings das ius divinum, das Inhalte aus der Bibel festschreibt. Daneben gibt es das ius divinum tenendum (schweres Vergehen), das nicht aus der Offenbarung begründet werden kann. Wer das erste übertrifft, wird exkommuniziert; wer das zweite übertritt, erhält nur eine Kirchenstrafe. Der Bischof argumentiert hier also undifferenziert, benützt das ius divinum als Maulkorb.
Papst Franziskus setzt auf einen echten Dialog: „Der Auftrag der Lehre enthält auch dies. Man kann die Entscheidung eines anderen nie ersetzen. Der Priester, der sich anmasst, ausschliessliche Anweisungen zu erteilen, wie es in fundamentalistischen Gruppierungen geschieht, entwertet die Menschen auf der Suche nach Gott und verstümmelt sie. In seiner Rolle als Lehrer unterrichtet der Priester, er unterbreitet die offenbarte Wahrheit und begleitet die Menschen. Selbst wenn er Scheitern miterleben muss. Er begleitet. Der Lehrer, der sich anmasst, die Entscheidungen für die Schüler zu treffen, ist kein guter Priester, er ist ein guter Diktator. Einer, der die religiöse Persönlichkeit der andern entwertet“.

3. Der Staat wird der vorgegebenen Verfassungsänderung nicht zustimmen, meint der Bischof, weil damit der religiöse Friede gefährdet werde. Dies ist meines Erachtens eine kühne und unangemessene Aussage. Denn der Staat wird seine Entscheidungen selber fällen. Schon lange nicht mehr ist der Staat ein Instrument der Kirche.
Dennoch biete er, schreibt Bischof Gmür, ein Gespräch an. „Ich verstehe mich als Mann des Dialogs. Daran ändert sich von meiner Seite her nichts, obwohl ich aus rechtlichen Gründen die Ergänzungen im Ingress der Verfassung nicht genehmigen kann. Den Inhalt meiner Antwort einer breiteren Öffentlichkeit nachvollziehbar zu kommunizieren, wird nicht leicht sein.“
Das ist tatsächlich so, denn das angebotene Gespräch kann als Freundschafts-Fussballspiel gedeutet werden, in dem die Mannschaft, welche die violetten Leibchen trägt, den Match im Voraus schon 4:0 gewonnen hat.
Bischof Gmür zeigt hier seine konservative Grundhaltung. Er argumentiert nicht nach vorne, sondern nach hinten zurück. In Interviews hat er verschiedentlich gesagt: „Ich kann mir verheiratete Priester vorstellen, auch Priesterinnen am Altar.“ Warum schreibt er in seinem Brief nichts davon, sondern lehnt bei Tag besehen die Initiative ab?

Bei aller Kritik will ich nicht vergessen, unter welch vielfältigem Druck der Bischof steht. So wird die Kurie von ihm verlangen, die Initiative zu bekämpfen. So werden Gläubige ihn bedrängen und von ihm den Gehorsam nach oben verlangen. Andere Gläubige wollen, dass er mutig nach vorne geht. Es ist nicht einfach, Bischof zu sein.
Im Blick auf den beängstigenden Personalmangel im Bistum könnte er wie Cicero vorgehen. Er hat jeder Intervention und Rede im römischen Senat immer wieder den gleichen Satz vorangestellt: „Und im Übrigen meine ich, Karthago müsste zerstört werden.“ Statt nur zu gehorchen könnte der Bischof ciceronisch bei jeder Begegnung mit Vorgesetzten bestimmt sagen. „Und im Übrigen müssen die Zulassungsbedingungen zum Amt geändert werden.“

1 Jorge Bergoglio und Rabbi Abraham Skorka „Zwischen Himmel und Erde“ Riemannverlag München 2010, Seiten 83/84

Quelle: onlinereport

Schreibe einen Kommentar