Ist der Zölibat bald Geschichte?

Das wäre ein echter Paukenschlag. Der Wiener Pastoraltheologe Paul Michael Zulehner (Bild) rechnet mit einer baldigen Öffnung des katholischen Priesteramtes für verheiratete Männer.

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»Ich vermute, dass dies lateinamerikanische Bischöfe auf der Amazonassynode 2019 beschliessen werden. Der Papst dürfte ihnen die Rückendeckung geben«, sagte der auch hierzulande bekannte Initiant der online-Aktion Pro Pope Francis der österreichischen Zeitung Kurier.

Im Vorfeld der Synode war schon häufiger die Idee ins Gespräch gebracht worden, bewährte verheiratete Männer, also »viri probati « zu Priestern zu weihen. Medienberichten zufolge lässt auch Papst Franziskus den Vorschlag prüfen als mögliche Antwort auf den Priestermangel etwa im weitläufigen Amazonasgebiet. Der langjährige Amazonas-Bischof Erwin Kräutler habe ein entsprechendes Papier mit vorbereitet, das »bereits auf dem Schreibtisch des Papstes« liege. Rom sei bereit, so Zulehner, in die »Schule der Regionen, der Kontinente, der Bischofskonferenzen« zu gehen, dort zu lernen und Entscheidungen regional zuzulassen oder für die Weltkirche zu übernehmen. Bisher habe alle Welt nach der »römischen Pfeife« getanzt, das werde sich künftig aber ändern und zu einer »Revolution« führen. Sollten sich die lateinamerikanischen Bischöfe für »viri probati« entscheiden, werde dies andere Gremien unter Druck setzten, dem Beispiel zu folgen und so die Kirche verändern.

Wird dieser historische Aufbruch des Zölibats Wirklichkeit, wäre die römisch-katholische Kirche definitiv im dritten Jahrtausend angekommen. Und Papst Franziskus würde mit den viri probati eine Neuordnung des Priesteramts anschieben, die die Kirche aus der Verkrustung der Tradition herausholen kann.                        

 

16 Gedanken zu „Ist der Zölibat bald Geschichte?“

  1. Wäre schon lange fällig. Für mich geht das Pflicht-Zölibat auch gegen die Menschenrechte. Würde es freiwillig gemacht, wäre es viel wertvoller, und jeder Einzelne könnte selber entscheiden.

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  2. Ich kenne Martin Kopp aus meiner Zeit im Gymnasium der Benediktinermönche in Engelberg. Er gehörte bereits damals zu unseren grossen Vorbildern. Zwar wesentlich älter an Jahren überzeugte er uns Jüngere aber stets durch seine tätige Nächstenliebe. Seine ethisch vorbildliche Haltung lebt er offenbar noch heute, wie dieser schöne Bericht auf vorbildliche Weise zeigt. Ein solch grossartiger Mensch strahlt einen Geist aus, der Kirche und Gesellschaft immer wieder zu erneuern vermag.

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  3. Ich bin auch einverstanden, dass diese überfällige Entwicklung Schritt für Schritt zu erfolgen hat. Vergessen wir aber nicht, dass es hoffentlich bald endlich auch um die Weihe von verheirateten und nicht verheirateten Frauen geht, die die Berufung zur Diakonin bez. zur Priesterin vernehmen.

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  4. Verheiratete Priester als Beitrag zu einer menschlicheren Kirche? Ja. Mönche und freiwillig
    Zölibatäre werden weiterhin ein wichtiger Teil der Kirche bleiben.

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  5. So weit so gut: Der Priestermangel gerade auch in strukturschwachen Gegenden liesse sich so sicher beheben. Die Kehrseite der Medaille wäre dann jedoch auch, dass damit die Tür zur Zulassing von Frauen wohl noch weiter zugeht.

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  6. Nix für ungut, das sind klassische „Windeier“ aus der Visionsproduktion des Wiener Pastoraltheologen. Sie forcieren – wie bisher schon – weitgehend die Wunschträume und Kirchenfantasien von inzwischen älter gewordenen Klerikern und klerikalisierten Laien. Die Idee der „viri probati“ ist eine Luftwurzel erster Ordnung, sie verlängert das klerikale Patriarchat der monarchischen Katholiken-Kirche, sorgt für die Weiterverwendung älterer Herren als Freizeit-Messe-Leser und wirkt de facto und de jure strukturerhaltend und – vor allem – strukturbewahrend. Verwunderlich, dass sich der „aufbruch“ da nicht kritischer dazustellt …

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  7. Der Zölibat in seiner Pflichtform IST Geschichte und zwar schon länger. Eine im biblischen Sinne „lebendige Leiche“ ist das, zu deren sachgerechter Entsorgung man sich klerikerseits nicht so recht entscheiden kann. Der Pflicht-Anteil am gehört auf dem kirchlichen Komposthaufen zum Recycling – dort könnte in einem gut beobachteten Zerfallsprozess einige gelernt werden. Aber ein Zombie der pflichtgemäss herumirrt kostet nur Zeit und Kraft …

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  8. ich finde dies gut, ob es die Probleme aber löst? Wenn ich in die reformierten Kirchen hinein schaue, sie sind noch leerer, obwohl sie ja gerade dieses Problem schon lange gelöst haben.

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  9. Ich würde allen meinen katholischen Kollegen gönnen, dass sie heiraten dürfen, sofern sie dies wollen. Der Zölibat soll freiwillig sein wie bei den Protestanten, Christkatholiken und Orthodoxen. Der Apostel Petrus, auf den sich das Papsttum beruft, war ja auch verheiratet (Mt 1,30). Wenn der Papst und die Kurie das Zölibat abschaffen, dann ist das mehr als eine längst überfällige Entscheidung. Es ist der Verzicht auf die Herrschaft über ihre Untergebenen. Denn wer über die Sexualität von Mitmenschen herrscht, macht sie sich gefügig. Die Sexualität ist der stärkste Ausdruck von Leben. Wird sie unterdrückt oder geknechtet, dann sind die negativen Auswirkungen ernorm. Ob die Leitung der römisch-katholische Kirche diesen Machtverlust zulässt? Sie würde dann nicht mehr die älteste noch funktionierende Dikatatur der Welt sein, sondern könnte endlich Mitglied des ökumenischen Weltkirchenrates werden als eine von insgesamt 345 Kirchen. Das wäre eine Neuauflage der Reformation.
    Paul Kohler, 4133 Pratteln

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