IDDU – RACCONTI DELL‘ ISOLA

Etwa 50 Kilometer nordöstlich von Sizilien und 20 Kilometer nordwestlich von Panarea, einer weiteren der Liparischen Inseln, liegt Stromboli im Mittelmeer. Die Insel mit ihrem gleichnamigen Vulkan bildet das Zentrum des Filmes „IDDU – RACCONTI DELL’ISOLA“ der Berner Filmemacherin Miriam Ernst. Sie hat sich für ihre Dokumentation hierher begeben, um Strombolis Menschen kennenzulernen, Einblicke zu bekommen in Lebensgeschichten, die tagtäglich mit dem gefährlichen wie faszinierenden geologischen Phänomen des Vulkanismus konfrontiert sind. Herausgekommen ist eine eindrucksvolle Hommage an die Insel und ihre Bewohner:innen. 

Eine Filmkritik von Anna K. Flamm

Sie leben in seinem Schatten, verehren und fürchten ihn, seine Launen beherrschen ihr Schicksal: Das Dasein der Bewohner:innen von Stromboli ist seit Jahrhunderten aufs Engste mit dem Vulkan, den sie Iddu (im lokalen Dialekt „Er“) nennen, verwoben. Wie facettenreich diese Verwobenheit ist,  das lässt die lose, fast episodische Erzählstruktur des Filmes deutlich werden. Interviews, Landschaftsaufnahmen und intime Momente fangen die Essenz von Stromboli ein und nehmen das Publikum mit auf eine visuelle und emotionale Reise, die weit über die blosse Darstellung einer geografischen Region hinausgeht.

Inselgeschichten

Die Menschen, die auf dieser vulkanischen Insel leben, erzählen ihre Geschichten, die von der einzigartigen Beziehung zum immer präsenten Vulkan geprägt sind. Der Vulkan wird dabei als störrischer Protagonist etabliert, der sich mit immer neuer Kraft spürbar macht und sämtliches Inselleben durchdringt. Zu Wort kommen alteingesessene Familien sowie für die Liebe neu Hinzugezogene und Inselbewohner:innen, die es nach Jahren in der Ferne doch wieder zum mächtigen und unberechenbaren Vulkan verschlagen hat.

Ruhige, sorgfältig komponierte Aufnahmen der Landschaft, des Meeres und des Vulkans schaffen eine fast meditative Atmosphäre. Die Bilder, kombiniert mit einer subtilen und atmosphärischen Musikuntermalung, verstärken das Gefühl der Ehrfurcht vor der Naturkraft, die das Leben auf der Insel bestimmt. Die Interviews, die das Herzstück des Filmes bilden, sind authentisch und berührend. Sie spiegeln sowohl die Schönheit als auch die Herausforderungen des Insellebens wider, denn die Menschen sprechen offen über ihre Hoffnungen, ihre Ängste und die tiefe Verbundenheit mit ihrer Heimat. Die ruhige Erzählweise lässt den Bildern und Geschichten Zeit, sich zu entfalten, ermöglicht Zuschauenden, die sich darauf einlassen, wirklich in die Welt von Stromboli einzutauchen und eine Verbindung zu den Menschen und ihrer Umgebung zu erspüren.

Poetisches Porträt

„IDDU – RACCONTI DELL’ISOLA“ ist ein poetisches und bewegendes Porträt einer einzigartigen Gemeinschaft und ihrer untrennbaren Verbindung zu ihrer vulkanischen Heimat. Es ist ein Film, der die Schönheit und die Herausforderungen des Lebens auf einer kleinen Insel in all ihrer Komplexität zeigt und damit, gerade auch mit Bezug auf den Ausbruch von 2019, Fragen zu Ökonomie, Nachhaltigkeit und Massentourismus aufwirft. Eine Bereicherung für alle, die sich für Dokumentarfilme, Naturschönheit und menschliche Geschichten interessieren.

Der Trailer zu diesem Film ist hier zu finden:
https://www.rexbern.ch/filme/iddu-racconti-dell-isola(modal:watch/iddu-trailer-it-de-1080p)

Der Dokumentarfilm „IDDU – RACCONTI DELL’ISOLA“ ist ab dem 29. August in den Kinos der Deutschschweiz zu sehen. Unter anderem im: Kino Rex in Bern, Kino Riffraff in Zürich und im Kinosk in St. Gallen.

1 Gedanke zu „IDDU – RACCONTI DELL‘ ISOLA“

  1. Ein wunderbares, unaufgeregtes, verhaltenes Bild einer kleinen Insel mit einem kleinen Dorf unter einem Vulkan.
    Jenseits von Sensation und Action erzählen mehrere BewohnerInnen, wie es ist, auf einer Insel zu leben, auf einer Insel, deren Vulkan der aktivste in Europa sein soll.
    Seit den Vierzigerjahren begann der Tourismus zu wachsen, wurde allmählich immer bedeutender. Fischfang, Oliven und Olivenöl, Kapernernten wurden immer unbedeutender, die Menschen begannen für den Tourismus zu leben, sie wurden Trekkingguides auf den Vulkan, betreiben Restaurants und Souvenierläden.
    Der Vulkan bot die Show, wegen der die Tagestouristen anreisten. Wo sie genau waren, das interessierte sie nicht.
    Und dann 2019 übertrieb es der Vulkan: ein beängstigend starker Ausbruch liess die Touristen und die meisten BewohnerInnen die Insel verlassen.
    Wie durch ein Wunder gab es keine Toten, keine grossen Schäden an den Häusern.
    Aber die Insel war verändert, Planzen verbrannt auf grossen Flächen.
    Die meisten BewohnerInnen kehrten bald zurück, nicht aber die TouristInnen. Denn der Vulkan, die bisherige Hauptattraktion, darf seither nicht mehr bestiegen werden. Die Gefahr ist unrechenbar. Das Leben der BewohnerInnen muss daher völlig umgekrempelt werden. Man beginnt z.B. wieder mit dem Anbau von Olivenbäumen, man muss sich neu erfinden.
    Wie es weitergehen wird, weiss niemand. Sie halten zusammen, lieben ihre Insel, nur wenige wollen wirklich weg.
    Wunderschöne, stimmige Bilder sind an diesem Ort fast schon selbstverständlich. Aber es ist keine Tourismuswerbung, die betrieben wird. Ein melancholische Schleier schwebt über vielen Einstellungen, schwingt auch in der Musik mit. Zaghafter Glaube an eine versöhnliche Zukunft spricht aus vielen Gedanken und Geschichten, die die BewohnerInnen der Filmemacherin sehr vertrauensvoll erzählen. Sie alle lieben ihren Vulkan, wollen ihn nicht verlassen. Aufmerksam beobachtend vermittelt der Film sehr unmittelbar die höchst ungewöhnliche Atmosphäre.
    *****

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