Kein Umdenken

In Sachen sexueller Missbrauch hat die katholische Kirche nach wie vor keine Einsicht in die Brisanz solcher Übergriffe. Das zeigt der Fall des zurückgetretenen Riehener Pfarrkandidaten

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Bild: Bistum Basel

Es ist unglaublich, dass nach den vielen sexuellen Übergriffen, die in den vergangenen Jahren weltweit bekannt geworden sind, in der Riehener Pfarrei bei der Wahl eines neuen Pfarrers vom Bischof Informationen über den sexuellen Übergriff des Kandidaten verheimlicht worden sind.

Auf der einen Seite offiziell »Nulltoleranz«, »Anzeigepflicht« und «Einrichtung eines Genugtuungsfonds« und auf der anderen Seite die altbekannte Vertuschung und Verharmlosung.

Es mutet in diesem Zusammenhang geradezu zynisch an, von Bischof Felix Gmür zu vernehmen, jeder Mensch habe »eine zweite Chance« verdient.

Der Sprecher des Bischofs, Hansruedi Huber, hat es auf den Punkt gebracht, wenn er seine Bedenken gegen die Wahl in die Worte gefasst hat, das sei »imagemässig« ein No-Go. Genauso ist es: Nach wie vor haben in der katholischen Kirche kein Umdenken und keine Einsicht in die Brisanz solcher Übergriffe stattgefunden, sondern es geht nur um das «Image«.

Kein Gedanke an die Opfer, keine Hilfe für den Pfarrer – er braucht fachliche Hilfe und keine »zweite Chance« – und keine selbstkritische Reflexion darüber, dass die Gründe für die Übergriffe nicht zuletzt auch in den Strukturen und der Sexualmoral der katholischen Kirche liegen.

 

 

Udo Rauchfleisch ist Professor emer. an der Universität Basel für Klinische Psychologie sowie Gastprofessor an verschiedenen in- und ausländischen Universitäten und Fachschulen

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6 Gedanken zu „Kein Umdenken“

  1. Danke für diese Stellungnahme: der letzte Artikel im Aufbruch wwar weniger eindeutig. Allerdigs ist im letzten satz ein tippfehler soll es da wirklich „keine“ und nicht „eine“ heissen. Danke

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  2. Sowohl die Pfarrwahlkommission, mit Stefan Sutter als Präsidenten, wie auch der Seelsorger selber, der ja bereits seit drei Jahren in Riehen als Priester arbeitet, wussten genau um was es geht und weshalb er eine Strafanzeige erhielt. Auch kannten sie deren Inhalt. Hätte man von Anfang an die Riehener Katholiken offen informiert und sie um eben diese, vom Bischof angesprochene zweite Chance gebeten, hätte das Ganze aufgehen können. Doch so, wenn zuerst alles unter dem Deckel gehalten wird und dann – wie eigentlich immer, irgendwann – doch noch ans Tageslicht kommt; das ist ein echtes No go und inakzeptabel. Und der Imageschaden der Kirche wächst und wächst……

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  3. Was leider durch die Medien bisher nicht beleuchtet wurde: Dem Bischof war bei Strafe verboten Details aus dem Strafbefehl ohne Zustimmung von Küng zu veröffentlichen. Darum machte er auch an Küng die Auflage selbst für umfassende Transparenz zu sorgen. Dass er diese Auflage nicht erfüllte, hat ihn nun um die zweite Chance gebracht.

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  4. Bei allem Unverständnis und allem Wunsch nach klareren Regeln und Handlugen, wird oft übersehen, dass es gesetzliche Regelungen gibt, die einzuhalten sind. Diese sind – wenn sie zB die Freigabe von Strafbefehlen betreffen – bindend. Für jeden. Ein Strafbefehl betrifft nicht nur den Täter, sondern auch sein Opfer (in dem Fall den damigen Jugendlichen), das es auch zu schützen gilt.

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