Kernfragen

aufbruch-Redaktorin Amira Hafner-Al Jabaji wirft schwindelerregende Fragen auf. Sie schlüssig zu beantworten, gehört nicht zu ihren Kernkompetenzen. Doch über sie nachzudenken, ist allemal ebenso herausfordernd wie gewinnbringend.

Von Amira Hafner-Al Jabaji

Wer bin ich? Gibt es mich wirklich nur ein einziges Mal? Wie lässt sich das beweisen; wie widerlegen? Ich und mein Leben – sind wir identisch? Bin ich an jedem Ort und in jedem Moment meines Lebens dieselbe? Wer bin ich im Kern? Ist mein »wahres Ich« offenkundig oder verborgen? Was ist mein »wahres Ich«? Habe ich eine oder mehrere Persönlichkeiten, eine oder mehrere Identitäten? Was kann ich über mich wissen? Und will ich wirklich alles über mich wissen? Kann jemand anderes besser über mich Bescheid wissen als ich selbst? Kann man durch Selbstanalyse und Selbstreflexion zu Selbstbewusstsein gelangen?

Falls ich selbst die ultimative Expertin meines Selbst bin: Was haben dann alle Erfahrungen, die andere mit mir machen, für eine Bedeutung? Was haben Erfahrungen, die ich mit anderen mache, für eine Bedeutung für mich? Falls ich die Expertin meines Lebens bin: War ich das schon immer? Bin ich das erst im Verlaufe meines Lebens geworden? Oder bin ich erst dabei, es zu werden, und erhalte den »Expertinnenstatus« am Ende meines Lebens?

Wenn ich Dinge über mich vergessen oder gar nie erinnert habe, was sagt das über mein Verhältnis zu mir selbst aus? Bin ich nur das, was ich in vollem Bewusstsein bin? Oder bin ich im Wesentlichen genau das Andere, das Unbewusste? Bin ich das, wofür ich mich halte, oder das, wofür mich andere halten? Falls mein Leben das Ergebnis des Aneinanderreihens und Verknüpfens einer Option aus einer Auswahl unendlich vieler Optionen ist, welche andere Leben wären für mich vorstellbar? Warum macht es (keinen) Sinn sich solche hypothetischen Fragen zu stellen?

Existiere ich als Person für mich allein? Oder ist meine Existenz von anderen Existenzen abhängig? Kann ich mein Sein und mein Tun durch meine Gedanken verändern? Was habe ich im und für das Universum für eine Bedeutung? Falls ich relevant bin, warum und für wen? Wenn ich nicht relevant bin, warum existiere ich dann? Wer kann mir Relevanz attestieren? Und warum sollte irgendetwas/irgendwer das tun? Wie erkenne ich die Relevanz meiner Existenz? Wie finde ich zu meiner Zweckbestimmung im Leben? Wie weiss ich, ob ich meine Zweckbestimmung erfüllt habe? Kann ich gleichzeitig relevant sein und keine Zweckbestimmung haben? Habe ich so etwas wie ein Kernanliegen im Leben? Ist dieses Kernanliegen rational begründet oder eher eine Empfindung? Wem gegenüber – beziehungsweise wo – deponiere ich dieses Kernanliegen? Was tue ich, um es zu erreichen beziehungsweise es umzusetzen?

Kenne ich meine wahren, innersten Bedürfnisse? Wie finde ich heraus, welches die sind? Tue ich im Leben hauptsächlich das, was diese Bedürfnisse erfüllt, oder schiebe ich sie meist beiseite, weil sich die Bedürfnisse anderer dazwischenschieben? Unterscheiden sich die Bedürfnisse anderer von meinen eigenen – und falls ja, wie?

Wohin geht all das von mir Vergessene? Existiert es (denn) noch? Existiert das Gewesene weiter? Oder existiert es nur in dem Augenblick des Seins, des Geschehens? Warum vergessen wir manches und manches nicht? Gibt es etwas, woran wir bewusst oder unbewusst stets ermahnt werden, es nicht zu vergessen, obwohl wir gerne würden?

Gibt es bei jedem Menschen so etwas wie Kerngeschichten? Ereignisse und Begebenheiten, die einen wesentlichen Impact haben, die diesen Menschen letztlich prägen, ihn ausmachen? Weiss ich, welches meine Kerngeschichten sind? Was bringt es, diesen auf den Grund zu gehen?

Kenne ich meine »Kernfamilie«, meine Mutter, meinen Vater, meine Geschwister, meine eigenen Kinder in ihrem Wesen? Kenne ich ihre Geschichte(n)? Wie prägen sie mein Verhältnis zu ihnen und zu mir selbst? Sind die Beziehungen zu ihnen bedeutsamer als die Beziehung zu Freud:innen? Warum (nicht)?

Nehmen wir uns zu wichtig? Zu wenig wichtig? Wichtig genug?

Diese und weitere spannende Fragen werden im aufbruch Nr. 262 mit dem Titel: Der Kern der Dinge betrachtet.

4 Gedanken zu „Kernfragen“

  1. Eher verwirrend, nur Fragen, in der Beschreibung fehlt ein Ansatz.

    Ich frage mich, ob am Ende der Befassung mit diesem Buch die Last meiner Probleme geringer wäre.

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  2. Ich stimme Herrn Krebser völlig zu.
    Wir können über alles nachdenken. Das Nachdenken sollte aber zu einer Erkenntnis führen. Nicht das Nachdenken ist aus meiner Sicht gewinnbringend, sondern die Erkenntisse, welche aus dem Nachdenken resultieren. Und Nachdenken ohne intellekuelle Redlichkeit (Thomas Metzinger, 2023) führt ins Leere.

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  3. Liebe Amira
    Du stellst Fragen! Interessant wäre, diese im Gespräch zu diskutieren. Vielleicht ergibt sich eine Gelegenheit dazu?
    Herzl. Grüsse
    Heinz Haab
    (ex Iras Cotis)

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  4. Grüezi Amira
    Guter Artikel, viele sehr interessante, tiefgründige Fragen.
    Es gibt nur eine Antwort: “ Ich bin Der, Der ich bin „. Der mit vielen guten Tugenden. Der mit vielen schlechten Tugenden. Der mit noch viel mehr, gar keinen Tugenden.
    Fazit: “ Ich bin einfach Der, Der ich bin „.
    Gruss Remy Föhn

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