Im September lockte die Game Show 27’000 Besucher in die Hallen der Messe in Zürich-Oerlikon. Unter anderem wurden dabei auch Killergames vorgestellt. 300 Meter von der Game Show entfernt befindet sich ein Auffanglager für Flüchtlinge und 1,6 Kilometer weiter nördlich steht ein Fabrikgelände des bundeseigenen Rüstungskonzern Ruag.
Bilder: Heinrich Frei
Counter Strike ist das populärste Spiel in der Schweiz, ein Schiessspiel, ein Killergame, das wegen der dargestellten Gewalt erst ab 18 Jahren offiziell gespielt werden darf. Call of Duty: Black Ops ein Game, das an der Messe auch vorgeführt wurde, versetzt die Spieler in eine nahe Zukunft, ins 21. Jahrhundert in der moderne Technologie und neue Waffensysteme miteinander verschmelzen und so eine neue Art der Kriegführung entstehen lassen. «Im Game «Call of war 1942». wird der Zweiten Weltkrieg nachgespielt. Als Befehlshaber muss der Gamer sein Land zum Sieg führen… Ich kann mir vorstellen, dass dieses Spiel unserem Lehrer Jaggi an der Gewerbeschule vielleicht auch begeistert hätte. Statt uns trigonometrische Berechnungen zu erklären, konnte er damals nicht mehr aufhören von seinen Besuchen auf Schlachtfeldern zu erzählen, auf dem Hartmannswillerkopf im Elsass und in Verdun, was uns langweilte.
Mit Kriegsfilmen und Killergames den Krieg schmackhaft machen
Killergames werden bekanntlich wie Kriegsfilme oft in Zusammenarbeit mit Armeen produziert. Das Ziel dabei nicht zuletzt: Die Akzeptanz für den Kriegsdienst soll gefördert und die Rekrutierung erleichtert werden. Heute hofft man auch zur Steuerung von Drohnen geschicktes Personal in der Game Gemeinde zu finden. Auf der anderen Seite wird die zunehmende Gewalt von Jugendlichen beklagt. In Schulen werden Alarmsysteme gegen Angriffe von bewaffneten Amokläufern eingerichtet. Eine Studie ergab: «Je mehr in der mittleren Kindheit Horror- und Gewaltfilme konsumiert werden und je mehr Gewaltspiele zu Beginn des Jugendalters gespielt werden, desto grösser ist die Schülergewalt und Delinquenz mit 14 Jahren.»
Im Game «Call of war 1942». wird der 2. Weltkrieg nachgespielt. Als Befehlshaber muss der Gamer sein Land zum Sieg führen… (Printscreen)
Für Kriegsflüchtlinge war der Krieg kein Spass am Bildschirm
300 Meter weit von der Game Show entfernt, an der Thurgauerstrasse befindet sich die Halle 9 des Messezentrums Zürich. In dieser Halle wohnen heute in kleinen Holzhäuschen Flüchtlinge, auch Familien, die aus Kriegsgebieten geflohen sind, aus Syrien, dem Irak, aus Afghanistan. Für diese Menschen war der Krieg in ihrer Heimat kein Spass am Bildschirm wie das Killergame «Counter Strike», in dem durch einen tödlichen Kopfschuss mehr Punkte gemacht werden können als durch einen Schuss in die Beine.
Schon 13-jährige Mädchen und Knaben schiessen mit Armeesturmgewehren
Der Kriegsdienst wird der Jugend in der Schweiz nicht nur mit Filmen und mit Killergames in eher rosa Farben nähergebracht. Trotzdem ziehen es immer mehr junge Männer vor, einen anderthalb länger dauernden Zivildienst zu absolvieren statt ins Militär einzurücken, um dort töten zu lernen. Dieser Armeemüdigkeit wird entgegengewirkt. Die Aufnahmebedingungen für den Zivildienst wurden verschärft. Seit eh und je lernen Jugendliche in der Eidgenossenschaft, auch ich lernte es, in Jungschützenkursen mit Gewehren der Armee schiessen, heute schon ab einem Alter von 15 Jahren. In der Stadt Zürich ist das Knabenschiessen das älteste Volksfest, mit Wurzeln bis ins 17. Jahrhundert. Das Besondere an diesem dreitägigen Herbstfest ist ein Schiesswettkampf mit Armeesturmgewehren für 13- bis 17-jährigen Mädchen und Knaben aus dem Kanton Zürich. Sie kämpfen um den Titel des Schützenkönigs beziehungsweise. der Schützenkönigin. In diesem Jahr schossen über 4000 Kinder und Jugendliche im Schiesstand Albisgütli mit scharfer Munition auf die 300 Meter entfernten Scheiben. Früh übt sich, wer ein guter Soldat werden will.
Falls Waffendeal mit Saudi-Arabien nicht funktioniert geht Rheinmetall
1,6 Kilometer im Westen von der Zürcher Game Show befindet sich das Fabrikgelände des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall. Früher produzierte die Firma Oerlikon-Bührle auf diesem Areal, im Zweiten Weltkrieg zuerst Kanonen und Granaten für die Alliierten aber vor allem dann nur für die deutsche Wehrmacht. Kanonen die dem Reich nicht mehr ausgeliefert werden konnten, wurden später nach Afrika verkauft. Die Hakenkreuze auf den Kanonen wurden von Lehrlingen von Bührle vorher weggeschliffen bevor sie in den dunklen Kontinent verschifft wurden. 1999 übernahm Rheinmetall diese Waffenfabrik von Bührle in der Schweiz. Auf der Website von Rheinmetall kann gelesen werden. «Schutz von Menschen und Objekten ist oberstes Entwicklungsziel».
Die in Zürich domizilierte Rheinmetall Air Defence (ehemals Oerlikon-Bührle) drohte kürzlich wegzuziehen, wenn der neue Entscheid des schweizerischen Bundesrates wieder rückgängig gemacht wird, der Rüstungsindustrie in der Schweiz zu erlauben, auch in Bürgerkriegsländer Kriegsgeräte zu liefern. Rheinmetall möchte nämlich demnächst Luftabwehrkanonen nach Saudi-Arabien liefern, ein Geschäft von mehreren 100 Millionen Franken. Obwohl: Der grösste deutsche Rüstungskonzern wird flexibel sein, er wird die Waffen von einem anderen Land aus liefern lassen und so genannte «Kleinbestandteile» für die Kanonen weiter in Zürich produzieren und exportieren lassen, was erlaubt ist.
Die Softwareentwickler bei der virtuellen Darstellung der Games greifen gern auf reales Militärgerät zurück, in Deutschland auf den Panzer «Leopard 2A5», den «Eurofighter» usw. Auch der Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern, der auch in Zürich-Oerlikon Kriegsgeräte produziert, ist mit seinen Fahrzeugen mit Rheinmetall-Logo dabei.
Bestandteile für Satelliten und Raketen und Ruag Handgranaten beim IS
Im Norden, in Zürich-Seebach 1,6 Kilometer von der Zürcher Game Show befindet sich ein Fabrikgelände des bundeseigenen Rüstungskonzern Ruag in dem Produkte für die Raumfahrtindustrie in Europa und den USA hergestellt werden, Bestandteile für Satelliten und Trägerraketen auf der ganzen Welt. Wie weit diese Produkte nur in zivilen Sektoren der Raumfahrt zum Einsatz kommen ist mir nicht bekannt. Die Ruag produziert heute nach eigenen Angaben zu 57 Prozent für den zivilen Sektor.
Gerade kürzlich wurden Ruag Handgranaten des Typs OHG92 sowie HG85 bei Terroristen des Islamischen Staates in Syrien gefunden. Diese Granaten sollen mit Sicherheit zu einer Lieferung aus dem Jahr 2003 nach Saudi-Arabien stammen.