Theologe und Opus Dei-Kenner Peter Hertel entlarvt, wie die ebenso mächtige wie umstrittene Personalprälatur die Realität in Sachen angeblicher Aufwertung der Stellung der Opus-Dei-Frauen verschleiert. Männliche und weibliche Opus Dei-Delegierte versammelten sich getrennt zu einer Ausserordentlichen Generalversammlung in Rom. Resultate liegen noch nicht vor.
Von Peter Hertel
42 Frauen aus Argentinien, Bolivien, Paraguay und Uruguay haben vor einiger Zeit die Personalprälatur Opus Dei (Werk Gottes) im Vatikan angezeigt. Sie seien in die Organisation gelockt und dann als zölibatäre Hilfsnumerarierinnen ausgebeutet worden. Geistliche Begleitung habe sie dazu gebracht, ihre Arbeit als „Berufung des Dienens“ zu verstehen. Sie seien nicht bezahlt und nicht sozialversichert worden.
Das Opus Dei ist der wohl umstrittenste der katholischen Personenverbände. Manche sehen in ihm eine gottgewollte Elite-Einheit zur Rettung der katholischen Kirche. Doch selbst ansonsten brave Gläubige meinen, diese Organisation schade der Kirche wegen eines skandalösen Sündenregisters: Geheimniskrämerei; blinder Gehorsam der Mitglieder; Benachteiligung der Frauen; für die Ehelosen werktäglich ein dornenbespickter Bussgürtel und wöchentliche Geisselung; Indoktrination Minderjähriger; Nähe zum Faschismus, namentlich des spanischen Gründers Josemaría Escrivá zum Diktator Franco; Verwicklung finanziell versierter Mitglieder des Weltunternehmens, das im spanischen Ursprungsland auch „Santa Mafia“ genannt wird, in dubiose Transaktionen.
In der Päpstlichen Universität vom Heiligen Kreuz in Rom, die vom Opus Dei geführt wird, hielten die Opus Dei Männer ihren ausserordentlichen Generalkongress ab. Die Opus Dei Frauen versammelten sich separat in einem anderen Opus-Gebäude in Rom. © FOTO: WIKIMEDIA/LALUPA
Frauen ohne Wahlrecht
Berichte von Frauen, die dem Opus Dei angehörten und sich als ausgebeutet ansehen, kommen nicht nur aus Lateinamerika. Opus-Frauen unterliegen strengen Regeln, die auf Escrivá zurückgehen. Er rief 1928 das „Gotteswerk“ als Vereinigung zölibatärer Männer und 1930 die dienstbare Frauenabteilung ins Leben. Seit etwa 1950 hat es auch verheiratete Mitglieder. Escrivá entwickelte die heute noch gültigen „Internen Regeln für die Verwaltung“; „Verwaltung“ meint die „Gesamtheit der häuslichen Arbeiten“ durch Frauen im Opus Dei, vor allem für die männliche Garde. In seinem Bestseller „Camino“ (Weg) schrieb Escrivá: „Frauen müssen nicht intelligent sein. Es reicht, wenn sie diskret sind.“
Aus seinen „Konstitutionen“ sind die Statuten der Organisation entstanden. Darin haben die beiden Abteilungen jeweils eigene Gremien. Die männlichen können Entscheidungen für die Gesamtorganisation treffen. Zum Beispiel darf der Generalkongress der Männer den Prälaten, den Werksleiter, wählen. Der beruft dann die Leitungsorgane der Gesamt-Prälatur, auch die der Frauenabteilung. Die Frauen dagegen haben kein Wahlrecht. Auf ihrem Generalkongress können sie unter Vorsitz von drei Priestern aus der Männerabteilung nur eigene Angelegenheiten regeln.
Fernando Ocariz, Prälat des Opus Dei.
Foto: wikimedia.org
Verschleiernde Mitteilung
Kürzlich verbreitete das „Werk Gottes“ eine überraschende Meldung, wonach es die rechtliche Benachteiligung der Frauen herabzufahren schien. Nachdem Papst Franziskus das „Werk Gottes“ herabgestuft hatte, sollte es seine Statuten entsprechend ändern. Die Opus-Info besagte: Gemeinsam werden delegierte Männer und Frauen des Opus Dei einen Ausserordentlichen Generalkongress veranstalten. Abschliessend berichtete die Organisation heute: „An diesem Kongress, der am 12. April begann und am 16. April endete, nahmen 126 Frauen und 148 Männer aus allen Regionen des Opus Dei teil.“ Also Frauen und Männer gemeinsam? Gleiche Rechte für die Frauen? Leider verschleiert die Meldung die Realität. Ein gemeinsamer Ausserordentlicher Generalkongress fand nämlich nicht statt. Sondern beide Abteilungen hielten gemäss den Statuten ihre eigenen Generalkongresse. In der gewohnten Distanz zwischen den Geschlechtern tagten die Männer in der Opus-eigenen Universität Santa Croce am Piazza di Sant’Apollinare, die Frauen – etwa vier Kilometer entfernt – im Opus-Collegio Romano di Santa Maria. Kontakt mit den Frauen hatten der Prälat, Fernando Ocariz, und zwei seiner Vikare, die zwischen den beiden Veranstaltungsorten hin und her pendelten.
Den beiden Generalkongressen wurden vorbereitete Vorschläge zur Statutenänderung vorgelegt. Wie die Diskussionen verliefen und die endgültigen Vorschläge entstanden, wurde nicht bekannt gegeben; ebenso wenig der Wortlaut, der an den Heiligen Stuhl geht und dort geändert werden kann, ehe er in Kraft gesetzt wird. Das Opus Dei möchte, dass der Gründergeist erhalten wird – in einer Zeit, in der Frauen und Männer in Synoden und Pfarrgemeinderäten am selben Tisch sitzen und Frauen sogar im Vatikan zur Führungsebene emporstossen.
Ob Papst Franziskus der reichen und mächtigen Organisation auch diesmal die Leviten liest? Wir bleiben dran!
Peter Hertel ist Theologe, Publizist und Buchautor. 1992: Opus Dei – Stosstrupp Gottes oder „Heilige Mafia“? Macht und Einfluss des Opus Dei in der Schweiz und anderswo. Paulus-Akademie, NZN-Buchverlag, Zürich. 1991: «Ich verspreche euch den Himmel“ – Geistlicher Anspruch, gesellschaftliche Ziele und kirchliche Bedeutung des Opus Dei. 4. Auflage. Patmos, Düsseldorf. Foto: Wolf Südbeck-Baur
„Der Weg“ ist ein faschistoides, sexualfeindliches, frauenfeindliches Werk. Dass dieses Werk von katholischer Kirche nicht abgelehnt wird, ja es wird sogar in Auslagen so mancher Kirchen ausgelegt, spricht Bände. Die katholische Kirche selbst ist noch sehr hierarchisch, autoritär, repressiv.
Das Opus Dei ist wahrhaftig eine gute Sache, diese Vereinigung ist der beste Totengräber der katholischen Kirche.
Und das gemeine Volk spürt langsam, dass dieser Konzern Kirche nur noch sehr wenig mit Religion im eigentlichen Sinn zu tun hat.
Der Aussteiger Thomas Döller berichtet im Jahre 2016 in Christ und Welt über die Binnenstrukturen dieser Laienorganisation.
Als er zehn Jahre alt ist, gerät er „in die Fänge des Werks“, wie er sagt. Mit 15 unterschreibt er die Verpflichtungserklärung als Numerarier. Er hält es geheim. Zehn Jahre später steigt er aus. „Die spielen nicht mit offenen Karten. Das ist System. Auf alles haben sie plausible Antworten, alles klingt harmlos.“
Döller sagt, man muss das Gottesbild des Opus Dei verstehen, um zu begreifen, warum es eine solche Macht über seine Anhänger hat. „Als Teenager habe ich gelernt, dass Gott alles sieht, was ich tue, sogar, was ich denke. Er beobachtet mich, kennt meine Fehler, meine Schwächen. Ich musste ständig im Gespräch mit Gott bleiben, das heißt beten, beten, beten.“ In jeder Minute müsse man Gott zugewandt sein.
„Es bleibt einfach keine Zeit zum Nachdenken, zum Reflektieren. Wie soll ich etwas infrage stellen, wenn ich den ganzen Tag irrational gesteuert bin?“, sagt Döller. Und genau das sei gewollt. Auf diese Weise würden die Mitglieder gefügig gehalten. „Es ist wie in einer anderen Welt.“ Als er sich nach zehn Jahren entscheidet, die Organisation zu verlassen, hat er jede Orientierung in der Welt verloren. Er war es gewohnt, alles mit seinem geistlichen Leiter zu besprechen und ihm blind zu gehorchen. Plötzlich muss er nun ganz allein Entscheidungen treffen. Er ist sozial isoliert, verschuldet, verwirrt. „Die haben mir die wichtigsten Jahre meiner Jugend gestohlen. Es war eine Gehirnwäsche.“
Die Mitglieder des Opus Dei definieren sich dadurch, dass sie sich als Speerspitze eines Glaubens- und Kirchenverständnisses ansehen, das ausschließlich vorkonziliar ausgerichtet ist. Dieses Glaubens- und Kirchenverständnisverständnis hat sich nicht der Welt gegenüber zu öffnen, sondern sich ausschließlich der Weiterverbreitung dogmatischer Wahrheiten zu verpflichten.
Der Kampf gegen jede Form von Modernismus, Liberalismus und Demokratie werden als verpflichtendes Credo – als Eid zu schwören – jeder geweihten Person von Papst Pius X. im Jahre 1910 („Antimodernisteneid“) abverlangt. Er musste von Klerikern der katholischen Kirche abgelegt werden. Einem solchen Glaubensverständnis des 19. und des bis zum Konzil andauernden 20. Jahrhunderts fühlen sich die Piusbrüder engstens verbunden.
Religionsfreiheit, Gewissensfreiheit und Meinungsfreiheit werden zu menschlichen Irrwegen der Aufklärung und Französischen Revolution und somit als Teufelswerk verdammt. Diese Bruderschaft ist auf eine pathologische Weise antimodernistisch, frauenfeindlich – und antisemitisch.
Paul Haverkamp, Lingen
Jesus wurde geboren, um Messias zu sein. Bis zum heutigen Tag kann er es nicht mehr sein, weil er zum Opfer am Kreuz wurde und dieses Opfern kein Ende nimmt. Eine Organisation wie das Opus Dei gäbe es nicht, nach dem Willen des guten Gottes der mit Jesus nur körperlich am Kreuz gestorben ist. Mit seiner geistigen Kraft wirkt er, so wie auch vor Jesus, im Hintergrund. Was sich religiös abspielt, hat nichts mit ihm zu tun. Dafür ist gerade auch Putin und Patriarch Kirill ein excellentes Beispiel.