Schmutzige Schokolade – wenn Grosskonzerne ihre Verantwortung nicht wahrnehmen

Kinder, die anstatt die Schulbank zu drücken, Kakaobohnen ernten und mit Macheten hantieren, als ob es Pingpong-Schläger wären. Oft tausende Kilometer von zu Hause entfernt, entführt, geschlagen, missbraucht. 

Bild Bilder: Thomas Braunschweig

Bei diesen Bildern ist Gänsehaut programmiert, auch bei den rund vierzig Personen, die sich am 22. März 2018 in der Kulturstube Ziegelhof in Liestal einfinden, um sich die beiden Dokumentarfilme „Schmutzige Schokolade I/II“ des Investigativ-Journalisten Miki Misrati anzuschauen und danach mit Thomas Braunschweig von Public Eye über das Gesehene und die aktuelle Konzernveranwortungsinitiative zu diskutieren.

230 Euro kostet ein Kind auf dem Schwarzmarkt in der Elfenbeinküste. Diese Investition lohnt sich für viele Kakaobauern, denn der Welthandelspreis für die beliebte Bohne ist dermassen tief, dass die Bauern mit ehrlich bezahlten Arbeitskräften kaum überleben könnten. Also schicken sie ihre Kinder zur Ernte statt zur Schule, oder kaufen sich die kleinen Arbeiter auf dem Schwarzmarkt. Seit Miki Misrati 2010 und 2012 mit versteckter Kamera in der Elfenbeinküste und in Ghana gefilmt hat, ist einiges gegangen: Lange negierten die Verantwortlichen vom Staatssekretär bis zum Grosshändler alle Probleme. Heute sind sie sich der Verbrechen bewusst, die rund um den Kakaohandel geschehen. Doch das Bewusstsein ist nicht genug, auf den Plantagen selbst hat sich kaum was getan. Laut einer Studie der Tulane University (USA) von 2015 arbeiten alleine in der Elfenbeinküste und Ghana (rund zwei Drittel des weltweiten Kakaos werden hier angebaut) über zwei Millionen Kinder auf Kakaoplantagen.

Welche Schokolade dürfen wir denn noch essen?

Die Publikumsfrage scheint allen Anwesenden nach den beiden Filmen auf der Zunge zu liegen. Thomas Braunschweig, er ist Verantwortlicher für Handelspolitik bei Public Eye, erklärt: „Bisher hat mich vor allem die Schokolade von Choba Choba überzeugt.“ Die Schokolade sei zwar teurer, dafür erhalten die Bauernfamilien einen bedeutend höheren Preis für ihren Kakao. Diese Wertsteigerung der Kakaobohne sei unumgänglich. Denn mindestens viermal mehr müssten die Kakaobauern verdienen, um zu überleben und somit auch ihre Kinder zur Schule schicken zu können.

2001 unterzeichneten u.a. die betroffenen Industrien das Harkin-Engel-Protokoll, womit sie sich sich zu einem Ende der Kinderarbeit in der Kakaoindustrie verpflichteten. Misratis Filme decken jedoch auf, dass die Versprechen der Grosskonzerne nicht eingehalten wurden. Es fehlt noch heute an Transparenz, die Herkunft der Kakaobohnen ist selten nachvollziehbar und Plantagen werden unzureichend kontrolliert. Die Konzernverantwortlichen reden gerne von den – vermeintlich – grossen Summen, die sie in Entwicklungsprojekte steckten. Doch ob ihr Tun die gewünschten Früchte trägt, wird selten analysiert. Also geben sich Grosskonzerne unwissend oder stellen sich gar als Opfer dar.

Freiwilligkeit reicht nicht

Aus dem Gesehenen und Gehörten wird klar: Grosskonzerne müssen in die Verantwortung genommen werden. Menschenrechte und Umweltschutz liegen nicht nur in der Verantwortung der Staaten, sondern auch der Industrie. Den scheinheiligen Ausreden der Grosskonzerne dürfen wir keinen Glauben mehr schenken, es wichtig, gesetzliche Rahmen zu schaffen.  Genau dies verlangt die Konzernverantwortungsinitiative.

YouTube-Links zu den Filmen „Schmutzige Schokolade“

SRF berichtete in der Woche vor Ostern über das Schoggiland Schweiz: https://www.srf.ch/sendungen/schweiz-aktuell/reise-durchs-schoggiland-schweiz 

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