Befremdend und verletzend

Beim Lesen des Hirtenbriefes  „Gender – die tiefe Unwahrheit einer Theorie“ von Bischof Huonder entfaltet sich in mir ein heiliger Zorn. Von Pierre Stutz*

Pierre Stutz  (Foto Stefan Weigand) Pierre Stutz (Foto: Stefan Weigand)

Der Bischof geht von einer einheitlichen Gendertheorie aus, die es gar nicht gibt. Befremdend und oft verletzend ist seine  Sprache, die gleichgeschlechtliche Partnerschaften nur als Bedrohung sieht. Er will einfach nicht einsehen, dass auch diese Paare in Treue und Verantwortung liebend unterwegs sind, zum Wohle der Gemeinschaft. Dabei blendet er aus, dass viele engagierte Katholikinnen und Katholiken für eine Gleichberechtigung einer homosexuellen Liebe kämpfen, wie zum Beispiel der Kath. Frauenbund Schweiz, die Pfarrei Initiativen, das Memorandum Kirche 2011 von 311 kath. Professorinnen und Professoren. Ich musste selber durch einen grossen Leidensweg lernen, dass ein Mensch erst glücklich werden kann, wenn er ja sagt zu seiner sexuellen Orientierung, die er wirklich nicht gewählt hat. Inneren Frieden fand ich erst,  als ich beim Beten und Meditieren des Psalmes 139 mit Leib-Geist-Seele erfahren habe, dass Gott als Urgrund aller Liebe mich so wunderbar mit meiner homosexuellen Begabung geschaffen hat und es so gut ist.

Zehn Jahre bin ich nun mit meinem Lebensgefährten zusammen  – Gottes Liebe kennt viele Melodien und sie  ereignet sich auch  in der Liebe einer Frau zu einer Frau und eines Mannes zu einem Manne. So lange die Suizidrate von jungen schwulen und lesbischen Menschen erschreckend hoch ist, braucht es den solidarischen Kampf christlicher Menschen für die Rechte von gleichgeschlechtlichen Beziehungen. So lange eine Männerhierarchie Frauen vom Priesteramt ausschliesst, braucht es kämpferisch-gelassene Menschen, die sich für eine offene katholische Kirche einsetzen, weil Gott Frau und Mann als sein Abbild schuf.

*Pierre Stutz, spiritueller Autor, www.pierrestutz.ch    

Quelle: forum Pfarrblatt der Katholischen Kirche im Kanton Zürich

1 Gedanke zu „Befremdend und verletzend“

  1. Ich bin fast 100-pro gleicher Meinung wie Sie, einzig zum Punkt „Gleichberechtigung einer homosexuellen Liebe“ möchte ich dagegen halten, dass man sich lieben kann, ohne gleich heiraten zu müssen. Das Ehesakrament hat also einen anderen – zusätzlichen – Bezug, der über die partnerschaftliche Liebe hinaus geht.

    Was ich an Aufgaben mit der Ehe übernommen habe, kann ich als Vater von vier Kindern erst jetzt so richtig nachvollziehen. Eine Familie zusammenzuhalten ist kein Honigschlecken. Ohne die Geisteskraft, die mit Ehesakrament mitgegeben wird, möchte man in schwierigen Zeiten hie und da einfach aufgeben.

    Daher geht es mir bei dieser Diskussion um den Erhalt der Sakramente und um die Vermeidung einer Gefahr durch Abwertung, Beliebigkeit und Gleichschaltung. Das Ehesakrament sollte denen vorbehalten bleiben, die es wirklich nötig haben, sprich: ihre Familiengründung heiligen wollen. Es kann beim Ehesakrament nicht darum gehen, die körperliche Liebe amtskirchlich zu legalisieren. Das Keuschheitsgebot sehe ich mehr im Sinne einer gegenseitigen Verantwortung über die Leidenschaft des liebenden Partners. Zu heiraten, bloss damit man endlich darf, ist nicht der Sinn einer Ehe.

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