Ein «Vademecum» fürs Kirchenasyl

Kirchenasyl – Stadtluzerner Katholiken haben aus Fehlern gelernt

Kirchenasys St Laurent 2015 034

445 Orte, an denen insgesamt 674 Personen Kirchenasyl gewährt wird, davon 125 Kindern. 375 Fälle davon betreffen das Dublin-Abkommen. In der Schweiz? Nein, das sind die Zahlen vom 17. April 2018 aus Deutschland. In der Schweiz dürften allenfalls die Kirchenasylfälle von Bern-Belp, Lausanne und Basel bekannt sein – oder Luzern. Was auf alle Schweizer Fälle zutrifft: die Rechtslage war jeweils unklar und die kirchlichen Behörden mit der Handhabung des Kirchenasyls unerfahren, wenn nicht gar überfordert. Dem wollten die katholische Kirche der Stadt Luzern Abhilfe schaffen, denn vor zwei Jahren wurden sie ebenfalls auf dem falschen Fuss erwischt. Dazu Nicola Neider Ammann, Bereichsleiterin Migration/Integration der Stadtluzerner Katholiken: «Aus Zeitmangel haben wir einer kurdischen Familie Kirchenasyl gewährt, ohne die rechtlichen Belange abgeklärt zu haben. Und prompt ging die Sache schief, wir konnten das Kirchenasyl nicht aufrechterhalten.»

Einzelfall als Auslöser

Zwar nur ein Fall, einer aber, der für die Luzerner zum Anlass wurde, ganz grundsätzlich ans Thema Kirchenasyl heranzugehen. «Und zwar von unten», betont Neider Ammann, «denn wenn es konkret wird, sind die Mitarbeitenden in den Pfarreien gefragt.» So ist denn das Kernstück des siebenseitigen Papiers eine «Checkliste», die das Vorgehen im Falle eines Kirchenasyls Schritt für Schritt vorgibt. So sollten zuerst alle Fakten abgeklärt werden, zum Beispiel, ob alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, ob die Aussagen der Asylsuchenden glaubwürdig sind oder etwa, ob bei der Aufnahme eines Asylverfahrens überhaupt eine Chance auf Anerkennung oder eine zeitlich befristete Aufnahme besteht.

Weiter müssen die Schutzsuchenden über ihre Situation während des Kirchenasyls aufgeklärt werden, unter anderem darüber, dass das Kirchenasyl keinen rechtlichen Status besitzt. Dieser Umstand mache die Sache heikel, so Neider Ammann, denn ob Personen im Kirchenasyl als «untergetaucht» gelten, auch wenn die Behörden informiert sind, werde unterschiedlich gehandhabt.

Einzelperson trägt Verantwortung

Für die Pfarrei bedeutet ein Kirchenasyl, dass nebst den staatlichen auch alle Kirchenbehörden ins Verfahren einbezogen werden müssen. Die Verantwortung lastet indes im Endeffekt auf jener Person, die der Pfarrei vorsteht, was konkret bedeutet, dass sie bei strafrechtlichen Konsequenzen zur Verantwortung gezogen werden kann. Punkto Finanzierung des Kirchenasyls dürfen keine Mittel aus Kirchensteuern verwendet werden, sondern nur aus Kollekten oder von Zuwendungen.

Das neu erarbeitete Papier wurde mit anderen, bereits bestehenden Richtlinien abgeglichen, der Luzerner Grosse Kirchenrat hat es an seiner letzten Sitzung zur Kenntnis genommen – unter dem Vorbehalt, dass es dem Grundsatzpapier der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz nicht widerspreche. Die Luzerner Katholiken haben vorgesorgt, ganz nach dem leicht abgeänderten Sprichwort: Schaue in der Zeit, dann weisst Du in der Not.

Franz Osswald ist freier Journalist

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