Franziskus und die „alten Jungfern“

Neuer Papst – alte Probleme. Die aus dem „neuen Rom“  dringenden Signale in Sachen Dachverband der amerikanischen Nonnen LCWR  sehen aus, als seien sie der stickigen  Luft geschlossener Räume entwichen. Sr. Pat Farrell, vormalige LCWR-Präsidentin, wurde 2013 mit dem Herbert Haag-Preis für Freiheit in der Kirche ausgezeichnet.

Sr. Pat Farrell und der Dachverband der amerikanischen Nonnen stossen stossen  beim Papst auf Unverständnis.   Foto: Wolf Südbeck-Baur Sr. Pat Farrell und der Dachverband der amerikanischen Nonnen stossen beim Papst auf Unverständnis. Foto: Wolf Südbeck-Baur

Eine Kirche, die nicht aus sich herausgeht, wird früher oder später an der stickigen Luft ihrer geschlossenen Räume erkranken.“  Papst Franziskus  hat  in den ersten hundert Tage seines Regnums mit erfrischenden Bemerkungen nicht gespart. Das kommt gut an beim  Kirchenvolk, dem Benedikts staubtrockeneKommunikation häufig  im Halse stecken blieb. Bei aller Begeisterung über  diel ebendigen, symbolträchtigen Worte und Taten des neuen Bischofs von Romlässt sich  jedoch nicht übersehen, dass  Franziskus zur Frauenfrage, dem hausgemachten Konflikt mit dem Dachverband der amerikanischen Nonnen (LCWR), bisher nichts Neues eingefallen ist. Da klebt der Argentinier an benediktinischen Mustern.

Ein progressiver, frauenfreundlicher Papst hätte das seit 2009 schwelende Drama zwischen den emanzipierten Nonnen und dem Vatikan  mit einem Federstrich beilegen und einen glatten Neuanfang einleiten können. Doch aus diesem Holz ist der Jesuit Franziskus nicht geschnitzt. Laut Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, Präfekt der Glaubenskongregation , soll sich der Papst voll hinter Benedikts Zensur  und  „Reformprogramm“ gestellt haben. Ein Programm, das vorsieht, die  LCWR- Leitung zu entmachten, unter bischöfliche Aufsicht zu stellen  und ihren Statuten den rechten katholischen Schliff zu geben.

Die Enttäuschung der  Ordensfrauen wird etwas gemildert, als  Brasiliens Kardinal Jao Braz de Aviz, Präfekt der Ordenskongregation, sich  auf ihre Seite schlägt. Anfang Mai traf  er sich  mit den Nonnen und  drückte offen Bedauern aus, dass er über das Vorgehen der  Glaubenskongregation seinerzeit nicht informiert gewesen sei. Bislang hätten ihn auch weder Müller noch der Papst in die Entscheidungen über den Dachverband  einbezogen. Der Umgang mit dem LCWR habe ihn „sehr geschmerzt“. Der mutige Brasilianer dringt darauf, dass Franziskus sich auf einen echten, persönlichen Dialog mit den Schwestern einlässt.

Für seinen Vorstoss wird der Kardinal belohnt und bestraft: während die Vatikan Pressestelle die Vorwürfe  zurückweist und „volle Einigkeit zwischen Müller und de Aviz“ konstatiert, kommt das vorgeschlagene, direkte Frauen-Papst  Treffen  tatsächlich zustande. Franziskus gibt eine Privataudienz für600 Äbtissinnen (International Union of Superiors General), die in Rom ihre Vollversammlung abhalten. Für ein vertiefendes Gespräch reicht die Viertelstunde nicht, doch Franziskus hat eine unmissverständliche Botschaft für die Frauen. Er predigt ihnen bedingungslosen Gehorsam .Nicht anders als sein Vorgänger: es sei  „nicht möglich, dass eine Ordensfrau oder ein Ordensmann nicht mit der Kirche fühle.“…. es sei eine „absurde Dichotomie, zu glauben, man könne mit Christus aber ohne die Kirche leben, Jesus ausserhalb der Kirche nachfolgen“. Was wäre die Kirche ohne die Frauen, fragt der Heilige Vater halb schmeichelnd und etwas scheinheilig ..“ es fehlten „Mutterschaft, Zuneigung, Zärtlichkeit“. Die Ordensfrau,  so  Franziskus, „müsse spirituelle Mutter sein und keine alte  Jungfer“.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       Von der Zentrale des Dachverbandes in Washington  wird die Strafpredigt und der weiterhin  ungute Stand der Dinge lieber nicht kommentiert. Man wolle nicht in eine laufende Untersuchung eingreifen, heisst  es. Die feministische Theologin Mary E. Hunt  hingegen hat den nötigen Abstand .Sie ist bekannt für ihre messerscharfen Analysen. Papst Francis, sagt Mary Hunt, sei trotz seines  volksnahen Auftretens gründsätzlich ein „company man.“. „Er gehört der „Company of Jesus“ an – so werden die Jesuiten manchmal genannt – und zum anderen ist er Teil der grösseren korporierten Institution der römisch-katholischen Kirche. Es wäre überraschend, wenn seine Ansicht über das Vorgehen seiner Vorgänger – auch sein Urteil  in der Sache der Ordensfrauen – anders ausfallen würde. Bei wichtigen Fragen hat Franziskus stets an den traditionellen Positionen  festgehalten . Es gibt keine stichhaltigen Hinweise auf irgendwelche Veränderungen“.

Vielleicht liegt es an der Fülle der Probleme, die ihm sein Vorgänger Benedikt hinterlassen hat, vielleicht rangieren die für den Vatikan  problematischen Nonnen  darum erst mal  unter ferner liefen. Auf jeden Fall sehen die aus dem „neuen Rom“  dringenden Signale in Sachen  LCWR  recht alt aus. Als seien sie der  stickigen  Luft geschlossener Räume entwichen.                                                                                                                                                                                                Barbara Jentzsch

Barbara JenztschBarbara Jenztsch ist freie Journalistin in Virginia, USA, und Mitarbeiterin von Publik-Forum, der Kooperationszeitung des aufbruch.

3 Gedanken zu „Franziskus und die „alten Jungfern““

  1. Der Artikel trifft den Nagel auf den Kopf! Nur weil der neue Papst ein paar äussere Verhaltensmuster bricht und Bescheidenheit demonstriert, heisst noch lange nicht, dass er in der Lage ist, eine neue Tür zu den Herzen der Menschen geschweige der Frauen zu öffnen.
    Sophie Wilkens

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  2. Leonardo Boff, der brasilianische Befreiungstheologe, sagte nach der Papstwahl in einem Interview, alles sei besser als Benedikt. Auch er hoffte auf eine Veränderung. Leider war das ein Irrtum. Die katholische Kirche wird sich – wenn überhaupt – nur von unten her ändern.

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  3. Franziskus nennt sich dieser Papst. Soll dieser Name wirklich Programm sein, dann muss er auch Frauen als ebenbürtige Partnerinnen ernst nehmen und ihnen auf Augenhöhe begegnen, wie es Franz von Assisi getan hatte. Nebst dem Gebot der Liebe muss er auch das Gebot der Gerechtigkeit ernst nehmen; gerade auch zwischen den Geschlechtern. Die adäquate Einbeziehung der Frauen in allen Ämtern und bei allen Entscheidungsprozessen ist nicht ein „nice to have“ sondern „crucial“, um es auf gut Neudeutsch zu sagen. Oder eben auch eine Frage der Menschen- bzw. der Frauenrechte. Die Konzilseingabe der Schweizer Juristin Gertrud Heinzelmann lässt grüssen. Esther Gisler Fischer

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