Gefangene des Schicksals

„Die filmische Darstellung von Schicksalen und ihren Herausforderungen kann dazu beitragen, dass wir mit Erfahrungen anderer Menschen konfrontiert werden, wodurch wir einen Einblick in eine neue Welt erlangen, die uns bisher womöglich unzugänglich erschien.“ Davon ist Filmemacher Mehdi Sahebi überzeugt. Mit seinem neusten Dokumentarfilm „Gefangene des Schicksals“ eröffnet er einem breiten Publikum eben solch eine neue Welt. Er lässt Kinobesuchende an den Erfahrungen afghanischer und iranischer Geflüchteter teilhaben, die im Zuge der Flüchtlingswelle von 2015 in die Schweiz gekommen sind.

Filmkritik von Anna K. Flamm

Auf Augenhöhe und damit emotional bemerkenswert nah nimmt Sahebi, der in den 1980er-Jahren selbst aus dem Iran in die Schweiz geflüchtet ist, mit in den Alltag von Menschen mit ganz unterschiedlichen Geschichten: Ezat etwa sorgt sich nach seiner Flucht um seine zurückgelassene Mutter, die er bislang finanziell unterstützt hat. Mahmad, ein Deserteur, ist schwer von Kriegstraumata gezeichnet und findet nur in extensivem Krafttraining innere Ruhe. Die afghanischstämmige Familie Hosseini aus dem Iran wurde während der Flucht unter dramatischen Umständen von ihrem sechsjährigen Sohn getrennt, sie kämpft und bangt nun um eine Wiedervereinigung. Omid, ein geflüchteter Jugendlicher, freut sich zwar über seine Anbindung an die Pfadigruppe vor Ort, doch hat er jeden Abend mit überwältigendem Heimweh und Sehnsucht nach seiner Familie zu kämpfen.

Was sie alle verbindet, ist ein Gefühl der Ohnmacht angesichts ihres Schicksals. Sie alle stehen vor der Herausforderung, Vergangenes aufzuarbeiten, zu bewältigen und sich gleichzeitig mit einer ungewissen Zukunft in einem fremden Land auseinanderzusetzen, die es zwischen Abhängigkeiten und Freiheit zu gestalten gilt. Dabei bewegt sich ihr intensives Ringen um die eigene Identität zwischen Ängsten, Widersprüchen und Hoffnung auf ein würdigeres Leben, Sorgen, Stärke und Momenten verletzlicher Zärtlichkeit.

Sensible Langzeitbegleitung

Mehdi Sahebis Film atmet Sensibilität und authentisches Interesse. Hier geht es nicht um eine oberflächliche Auseinandersetzung mit der Asylpolitik der Schweiz, sondern um Verständnis. Verständnis, das aus einer intensiven Auseinandersetzung erwächst, die sich lange Zeit nimmt, genau hinsieht und zuhört, Kleinem, Alltäglichem Raum schafft, sei das beim Kochen, Tanzen, in Gesprächen oder beim Lauschen von Musik. In teils traurigen, teils humorvollen und zugleich tragisch-grotesken Szenen gelingt „Gefangenen des Schicksals“ so eine ungekünstelte, einzigartige Perspektive auf Lebenswege, die von tiefen Wunden gekennzeichnet sind, von Abhängigkeiten administrativer Entscheidungen, und sich trotz allem immer wieder von der grossen Kraft von Freundschaft, Liebe und Zusammenhalt getragen wissen.

„Wenn ich eine Antwort auf das Thema des Films geben müssten, dann würde ich sagen, es geht um Freundschaft und Zusammenhalt. Als Gesellschaft müssen wir uns kontinuierlich mit der Situation von Flüchtlingen und Asylsuchenden auseinandersetzen und sicherstellen, dass wir menschenwürdige Bedingungen bieten und auch die Rechte der Schwächeren unserer Gesellschaft respektieren. Filme können dazu beitragen, auf solche soziale Themen aufmerksam zu machen und zum Verständnis und zur Empathie beitragen.“ Mehdi Sahebi ist das mit seinem Film eindrücklich gelungen. Anschauen lohnt sich also!

Der einzigartige Dokumentarfilm „Gefangene des Schicksals“ ist ab dem 14. März in den Kinos der Deutschschweiz zu sehen. Vorpremieren in Anwesenheit von Cast und Crew gibt es in:

Zug, 11. März– Kino Gotthard, 20 Uhr
Luzern, 12. März – Stattkino, 18.30 Uhr
Basel, 13. März –Kult.kino, 18.15 Uhr
Zürich, 14. März – Riffraff, 20.40 Uhr
Bern, 15. März – Rex, 20 Uhr
Dübendorf, 17. März – Kino Orion, 18 Uhr
Winterthur, 18. März – Kino Cameo, 20 Uhr
Liestal, 19. März – Sputnik, 17.45 Uhr
Davos, 29. März – Kulturplatz, 20 Uhr

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