Vom Handwerk der Friedfertigkeit

Natur und Gesellschaft sind aus den Fugen geraten. Darum ist der Autor – er leidet unter der schweren Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose ALS – zu Recht sehr besorgt, dass sein zweijähriger Enkel irgendwann in dieser Welt nicht mehr gut leben kann. Doch in der Auseinandersetzung mit dem Ende seines eigenen Lebens betonen Thomas Gröblys Variationen über Sterben, Nachhaltigkeit und friedfertiges Leben Seite für Seite das alle Menschen Verbindende: die Sehnsucht nach einem guten Leben. Ohne zu urteilen pilotiert ihn sein einfühlsames Staunen zum Lieben, einer Haltung, mit der der Angst vor dem Tod begegnet werden kann. «Mein Tod sagt Ja zum Leben.»

Pikant: gleichwohl kritisiert Agnostiker Gröbly das Konzept der Nachhaltigkeit. Dahinter steht für ihn der Gedanke, dass die Grenzen des Planeten Erde und die eigene Begrenzung durch den Tod «miteinander verwandt sind, und dass die Angst vor dem Tod diese Grenzen vergessen lässt. Das Konzept der Nachhaltigkeit bedeute letztlich, diese Grenzen zu respektieren.» Für Gröbly passt darum der Begriff Friedfertigkeit besser. Damit komme die Haltung besser zum Ausdruck, «mit der wir zu einem anderen, dringend notwendigen Welt- und Menschenbild kommen». Wer die Natur respektiert, achtet «automatisch auch besser auf die Mitmenschen».

Das leicht zugängliche kleine Buch ist ein grosses Lehrbuch der Hoffnung, das das Handwerk der Friedfertigkeit trefflich skizziert.

Thomas Gröbly, Einen Augenblick Staunen, Edition Volleshaus, 172 Seiten, CHF 28.-


Trommel-Lesung und Buchpräsentation

Einen Augenblick staunen

Sonntag 6. November 2022, um 17:00 Uhr
Buchhandlung Vetter, Spalenvorstadt 5, Basel

Schlagzeug: Tony Renold
Lesung: Thomas Gröbly und Stephan Dilschneider

Eintritt frei
Weitere Anlässe: www.volleshaus.ch

Thomas Gröbly nimmt im neuen Buch seine Krankheit und die Zukunft seines zweijährigen Enkels als Ausgangspunkt für Fragen zu Leben und Tod. In seiner Auseinandersetzung mit dem Ende seines Lebens und den bedrohten sozialen, ökologischen sowie ökonomischen Lebensbedingungen für seinen Enkel entwickelt er Ideen, wir wir die eigenen und die Grenzen des Planeten respektieren können. Er bleibt nicht beim herkömmlichen Konzept von Nachhaltigkeit stehen, sondern skizziert ein Handwerk der Friedfertigkeit, das die Würde aller Lebewesen ins Zentrum stellt. «Für viele Menschen ist das Kleiner-langsamer-weniger kein Verzicht, sondern eine Befreiung. Mein Sterben regt mich an, Werden und Vergehen als gleichwertig zu akzeptieren und von der zerstörerischen Gier Abschied zu nehmen.» S. 122

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