«Die Pfarrei ist nicht dasselbe wie der Vatikan»

Schock, Empörung und Kirchenaustritte halten auch knapp drei Monate nach der Studie über die Missbrauchsfälle der katholischen Kirche in der Schweiz an. Wie damit umgehen? Engagierte Seelsorgeteams wie das in Stans-Oberdorf (NW) suchen glaubwürdige Antworten auf schwierige Fragen: Wie eine strukturelle Schuld mittragen – und trotzdem von Herzen Kirche bleiben? Wie das Pfarreileitungsteam um Antworten ringt, macht das Gespräch mit Jugendseelsorger Markus Elsener, Priester Bede Nwadinobi und Seelsorger Marino Bosoppi-Langenauer deutlich.

Von Sylvie Eigenmann

Demokratische Strukturen an der Basis: Die katholische Pfarrei Stans-Oberdorf hat ein dreiköpfiges Leitungsteam (von links nach rechts): Markus Elsener (Jugendseelsorger und Lehrer), Bede Nwadinobi (Priester und Pfarradministrator) und Marino Bosoppi-Langenauer (Theologe und Seelsorger).

Seit dem 12. September sind die Ergebnisse des Pilotprojekts, das die sexuellen Missbräuche seitens der katholischen Kirche in der Schweiz in den letzten 70 Jahren untersuchte, öffentlich. Was lösten die Resultate in Ihnen aus?

Marino Bosoppi-Langenauer: Meine ersten Gedanken galten den von Missbrauch betroffenen Menschen, die zutiefst aufgewühlt werden. Ich frage mich: Wie kann eine Kirche, die heilend wirken sollte, Menschen verletzen und demütigen? Das ist keine christliche Haltung.

Bede Nwadinobi: Warum hat es so lange gedauert, hinzusehen und diese Aufarbeitung zu beginnen? Das ist schwer zu ertragen. So viele Leben wurden einfach zerstört. Es tut weh, wenn die Menschen in der Kirche nicht mehr Kraft schöpfen und Heil finden können.

Markus Elsener: Ich bin aufgebracht und wütend, wie Menschen in unserer Kirche ihre Position missbraucht und damit uns alle in eine schwierige Situation gebracht haben. Auf der anderen Seite bin ich auch sehr froh, dass man endlich Licht ins Dunkel bringt. Es hat sich historisch viel Spannung aufgebaut, und jetzt kommt der Sturm. Der hat auch eine klärende Kraft und birgt neue Chancen. Und diese wollen wir nutzen.

Wie genau wollen Sie diese Chancen vor Ort nutzen?

Markus Elsener: Für uns stellt sich die Frage: Wie können wir als Kirche bunter werden und die Menschen mehr einbeziehen? Wir denken zum Beispiel gerade über neue Formen von Gottesdiensten nach, welche mehr Gemeinschaft ermöglichen und Freude machen, miteinander das Leben zu feiern. Auch diakonische Angebote, also die Begleitung und Unterstützung von Menschen in schwierigen Lebenssituationen, wollen wir stärker gewichten.

Marino Bosoppi-Langenauer: Auch für die Gesamtkirche gibt es Chancen. Sie muss sich jetzt endlich weitreichende Fragen stellen.

Welche Fragen?

Marino Bosoppi-Langenauer: Zum Beispiel: Wem spenden wir die Sakramente? Wenn ein Elternpaar, das aus der Kirche ausgetreten ist, sein Kind taufen lassen will – wie gehen wir damit um? Müssten wir in solchen Fällen einen Beitrag dafür erheben, damit wir weiterhin alle Dienstleitungen anbieten können?

Markus Elsener: Oder auch: Wie sprechen wir zu den Leuten, wie verstehen sie uns? Menschen möchten ihren Glauben in ihrer Sprache ausdrücken. Und ich denke, die Kirche hat ein Problem, diese Sprache zu finden.

Marino Bosoppi-Langenauer: Und schliesslich auch: Wie kommt man überhaupt dazu, eine gewisse Aufgabe in der Kirche wahrzunehmen? Braucht es immer die Beauftragung «von oben» oder kann nicht auch eine Pfarrei selbst eine bewährte Person mit einer Aufgabe betrauen, für die er oder sie sich eignet? Es sollte nicht nur das priesterliche Amt sein, das zählt. Es ist innerkirchlich eine Chance, dass wir solche Diskussionen neu führen dürfen.

Welches Zeichen müsste die katholische Kirche als Gesamtinstitution Ihrer Meinung nach jetzt setzen?

Marino Bosoppi-Langenauer: Die Strukturen ändern, und zwar sofort. Ich denke da an institutionelle Machtstrukturen, Befugnisse, Rollen und Geschlechtergerechtigkeit.

Markus Elsener: Die Diskriminierung von Frauen in der katholischen Kirche ist auch eine Menschenrechtsverletzung. Das geht einfach nicht. Wir sollten unserem Gewissen folgen statt etwas, von dem wir im Herzen fühlen, dass es nicht stimmt. Und dann stellt sich für mich manchmal die Frage: Warum bleibe ich trotzdem in der Kirche, obwohl ich selbst unter diesen Strukturen leide?

Und was ist es, das Sie in der Kirche hält?

Markus Elsener: Ich merke für mich, dass der positive Freiraum trotzdem überwiegt. Trotz gewisser enger Strukturen kann ich vieles mitgestalten, was mir wichtig ist. Ich kann auch Menschen ermöglichen, die Kirche mitzuprägen: Firmbegleiter/innen beispielsweise gestalten auch immer ein Stückchen Kirche vor Ort. Unsere Türen sind offen, wir sind experimentierfreudig.

Bede Nwadinobi: Ich freue mich, Priester zu sein, auch wenn es gerade schwierig ist. Das System Kirche ist sehr komplex. Ich kann nur an mir selbst arbeiten, meine eigenen Veränderungen vornehmen und mein Gewissen prüfen. Wenn Jesus jetzt bei uns wäre, wie würde er handeln? An dieser Frage richte ich mich aus.

Marino Bosoppi-Langenauer: Mich hält die frohe Botschaft in der Kirche und das Dasein für die Menschen. Ich finde es wichtig, dass wir im Sinne der Frohbotschaft agieren – und nicht einer Drohbotschaft. In den Texten wird von Nächstenliebe gesprochen und nicht von Macht. Wir sollen im Namen des Evangeliums handeln und nicht primär im Namen des Kirchenrechts.

Wieviel Spielraum für Veränderungen haben Pfarreien wirklich, bevor ihre Ambitionen von höherer Stelle gestoppt werden?

Markus Elsener: Das ist in der Tat ein grosses Spannungsfeld, das wir aushalten müssen. Es gibt Grenzen, die man nicht überschreiten darf: So dürfte eine Theologin etwa nicht der Eucharistie vorstehen, die Beichte abnehmen oder die Krankensalbung spenden, sonst würde sie zurückgepfiffen. Wo es aber Freiräume gibt, sollten wir sie nutzen.

Wo gibt es denn bereits Freiräume?

Marino Bosoppi-Langenauer: Mancherorts besteht bereits ein wenig Flexibilität. Zum Beispiel wäre es nicht vorgesehen, dass auch Seelsorgende oder Theologinnen predigen dürfen, aber in der Schweiz hat es Tradition. Wir in Stans-Oberdorf haben auch die sogenannte Tauferlaubnis bekommen, so dass nicht zwingend ein Priester, sondern auch ein anderer Ortsseelsorger taufen darf.

Wie können Menschen, die heute für die Kirche arbeiten, mit der Schuld, die aufgedeckt wurde und die auch weit in die Vergangenheit zurück- und in die Strukturen hineinreicht, umgehen?

Marino Bosoppi-Langenauer: Für mich hat im Zusammenhang mit dieser Krise der Begriff der Erbschuld erstmals etwas an Inhalt gewonnen. Es ist eine Schuld, die wir geerbt haben: Wir haben selbst nichts verbrochen, sind aber Teil dieses Systems, dieser Struktur. Und es ist jetzt unsere Aufgabe, diese Bereinigung durchzuführen. Die Präventionsarbeit muss noch stärker gewichtet werden. Verfehlungen müssen auf staatlicher und kirchlicher Ebene konsequent geahndet werden.

Wenn jemand Sie fragen würde, was die Kirche Gutes tut, was würden Sie antworten?

Marino Bosoppi-Langenauer: Die Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden tut viel Gutes, vor allem Soziales und Seelsorgerliches. Sie wirkt gemeinschaftsfördernd. Unsere Aufgabe ist es ausserdem, heilend zu wirken. Dazu gehört es, einerseits die Menschen untereinander, andererseits Erde und Himmel zu verbinden. Ich bin überzeugt, dass wir so eines Tages Frieden erleben können.

Bede Nwadinobi: Vergessen wir nicht, dass die Kirche als Institution über 2000 Jahre alt ist. In dieser Zeit hat sie immer wieder Krisen durchlebt. Es war klar, dass irgendwann die nächste kommt. Daneben war es aber auch so, dass sich die Kirche vielerorts gegen Diktaturen und unterdrückende Regierungen gekämpft hat. Sie war lange das Sprachrohr der Armen und vielerorts die einzige Stimme, die sich erhoben hat. Es gibt historisch viel Positives, es ist immer eine Frage des Fokus. Man darf die Kirche vor Ort und die Kirche als Gesamtstruktur nicht in einen Topf werfen; die Pfarrei ist nicht dasselbe wie der Vatikan. Und ich sehe es so, dass Gott bis heute noch durch diese Kirche wirkt.

11 Gedanken zu „«Die Pfarrei ist nicht dasselbe wie der Vatikan»“

  1. Als Priester stellt einer den Leib Christi her, nimmt ihn auf und verteilt ihn unter die Leute. Uns lehrte man noch, ihr nehmt Jesus auf mit der Hostie, ihr werdet damit ein Teil von ihm. Er wäre also da, und bestimmt wäre die Welt eine andere mit ihm. Bestimmt könnte einer nicht solche Schandtaten begehen, wenn das nicht nur ein Theater wäre. Wann endlich nimmt es ein Ende. Es ist Lug und Betrug am gläubigen Volk.

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  2. «Die Kirche muss ihre Strukturen ändern, und zwar sofort.»
    Marino Bosoppi-Langenauer

    Ja, die kath. Kirche muss ihre Strukturen ändern – das ist wohl wahr. Doch einflussreiche Kräfte versuchen erfolgreich (s. Synodaler Weg in Deutschland) genau das zu verhindern – mit dem gegenwärtigen Papst als strammen Befürworter dieser Reformverweigerer!!

    Mal hat Papst Franziskus den Mut, den Katechismus der katholischen Kirche zu ändern und – anders als es bisher Lehre war – die Todesstrafe als unzulässig zu qualifizieren, weil sie „gegen die Unantastbarkeit und Würde der Person verstößt“, dann ändert er das kirchliche Strafrecht und macht die Weihe von Frauen auch im kirchlichen Gesetzbuch zu einer „Straftat“. Zwar ist dies keine Neuerung. Schon vorher hatten kirchliche Dokumente dies verboten. Angesichts der offenen Diskussion in der Weltkirche um die Weihe von Frauen erscheint eine solche „Reform“ zum jetzigen Zeitpunkt aber mehr als problematisch.

    Dieser Pontifex fordert von seinen Gläubigen viel Ambiguitätstolerenz.

    Die Verlogenheit und Heuchelei in der kath. Kirche ist beispiellos. Der Verlust ihrer Glaubwürdigkeit eine stringente Konsequenz!

    Die einzige Glaubwürdigkeit der kath. Kirche ist ihre Unglaubwürdigkeit.

    • Wie wollen die kath. Amtskirchenvertreter gerade jetzt glaubhaft über Menschenrechte sprechen, wenn sie die Rechte von Kindern durch den Missbrauch und seine Vertuschung über Jahrzehnte mit Füßen getreten haben und teilweise noch immer treten?

    • Wie wollen die kath. Amtskirchenvertreter über Gottes Schöpfung sprechen, wenn sie Gottes Geschöpfe in ihrer geschlechtlichen Verschiedenheit oder in ihrer sexuellen Ausrichtung nicht ernstnehmen?

    • Wie wollen die kath. Amtskirchenvertreter über Menschenwürde und Menschenrechte sprechen, wenn sie selber der Hälfte der Katholiken, nämlich den Frauen, den Zugang zu allen Weiheämtern verweigern?

    • Wie wollen die kath. Amtskirchenvertreter über Menschenwürde und Menschenrechte sprechen, wenn sie tausendfachen Priesterfrauen den öffentlichen Auftritt mit ihrem Mann verweigern und den „Priester-Mann“ bei einem Outing aus dem Amt entfernen?

    • Wie wollen die kath. Amtskirchenvertreter über Menschenwürde und Menschenrechte sprechen, wenn die Kinder in Priesterehen ein gemeinsames Auftreten in der Öffentlichkeit verwehrt wird – es sei denn unter Akzeptanz der dann auf dem Fuß folgenden Konsequenzen?

    Nein, all diese Fragen können die kath. Amtskirchenvertreter eben nicht beantworten.

    Die Katholiken quittieren diese Heuchelei und Verlogenheit mit dem Austritt „mit Füßen“. Was sollen sie auch anders machen?
    Eine von der Hierarchie immer wieder betonte Zweiteilung zwischen Laien und Klerikern dient ausschließlich zum Machterhalt des Klerikerstandes. Mit dieser Unterscheidung suggeriert der Klerikerstand, dass alles „heilig“ sei, was von diesem Stand ausgeht und alles „nur“ weltlich, was vom Laienstand initiiert wird. Was Klerikern und Laien gemeinsam ist, gerät ebenso aus dem Blick wie die Heiligkeit des Weltlichen. Die Abwertung des Weltlichen als „profan“ entspricht in keiner Weise der biblischen Schöpfungserzählung (Gen 1, 1-2,4) und der christlichen Botschaft von der Menschwerdung Gottes. Sakral und profan, Kirche und Welt, Glaube und Leben – alles zusammen macht die eine Realität aus, die Gott geschaffen hat, und die Bereiche durchdringen und ergänzen sich gegenseitig.

    Die Gläubigen in der Kirche, also nicht nur die Laien, bilden ein Volk, dessen Herr allein Gott ist. Sie sind als Volk eine Vielzahl von Menschen; sie bilden keine Herde, die ohne eigenen Willen und eigene Verantwortung für ihre Existenz und ihr Tun von Hirten geführt, von Schäferhunden zusammengehalten wird.

    Sie dienen nicht den Zwecken der Hirten, so wie das bei Schafen der Fall ist, sondern sie sind als Menschen für sich selbst da und als gemeinsam Glaubende stehen sie miteinander vor Gott.

    Sie sind nicht Mitläufer unter Mitläufern, für deren Laufrichtung der Hirte zuständig ist, sondern sie sind eine Gemeinschaft miteinander, die von Gott einen Auftrag bekommen hat, für den jedes Mitglied auch selbst verantwortlich ist: Jesu Botschaft vom Reich Gottes zu leben und zu allen Menschen zu tragen. Der Sendungsbefehl Jesu richtet sich nicht an einen Klerus, etwa nur an die Apostel, sondern an alle seine Jünger, und das heißt an alle, die selbst zum Glauben an ihn gekommen sind.

    Wenn es von Seiten der Kirchenhierarchie im Hinblick auf Laien heißt: „Mitarbeiten Ja – Mitbestimmen Nein“, entspricht dies nicht der Intention des Konzils und führt nicht selten zu Konflikten und Frustrationen. Laien muss deshalb auf allen kirchlichen Ebenen das Recht der Mitsprache zukommen, damit sowohl der „sensus fidelium“ (Glaubenssinn des Gottesvolkes) ebenso deutlich zum Tragen kommt wie die Verantwortung der Kleriker. Das betrifft alle wichtigen Personalentscheidungen, Fragen der Gestaltung und Organisation des liturgischen Lebens, der pastoralen Schwerpunktsetzung und der ökumenischen Arbeit wie auch alle finanziellen Angelegenheiten.

    Laien sollten auch das Recht der aktiven Mitbestimmung bzw. Mitgestaltung erhalten, denn bis jetzt sind die Gremien der Mitverantwortung wie z.B. Pfarrgemeinderat und Diözesanrat rechtlich unzureichend konzipiert. Eine Mitwirkung ist ausschließlich in der Form der Beratung vorgesehen und hängt vom guten Willen des jeweiligen Bischofs und Pfarrers ab.(Die Schweizer Kirche ist mit ihrem dualen System zumindest in diesem Punkt einen Schritt weiter, Anm. der Redaktion)

    Wenn es jedoch zu einem partneradäquaten Diskurs kommen soll, müssen die Spielregeln geklärt sein: Laien müssen die Zusage bekommen, dass sie nicht nur ihre Meinung vortragen dürfen (wie gnädig!), sondern auch mitbestimmen können am Ende eines Diskurses, wenn über Reformen und Veränderungen abgestimmt wird. Alles andere wäre reine Zeitverschwendung und es bleibt den Laien nur zu raten, sich für eine reine Alibiveranstaltung der Bischöfe nicht instrumentalisieren zu lassen.

    Paul Haverkamp, Lingen

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    • Super geschrieben Herr Haverkamp. Das entspricht genau der jetzgen Kirchenmisere in der westlichen Welt. Immer mehr Gutgesinnte Menschen werden sich vom jetztigen dogmatischen Konzern Kirche lossagen. Wenn die Kirchlichen Strukturen nicht schnellstens angepasst werden, – aber wirklich schnellstens – ist das genau der Schritt, dass noch mehr Menschen die Kirche verlassen und eine neue ihnen zusagende Gemeinschaft suchen und auch finden werden.

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  3. @ Paul Haverkamp
    So klar und ausführlich und logisch begründet wie Sie es hier ausgeführt haben, habe ich es kaum je gefunden.
    Danke dafür.
    Ich fürchte aber dass die katholische Kirche sich durch Dogmen und Strukturen so sehr eingemauert hat, dass eine Änderung kaum mehr möglich scheint. Aber es geschehen ja manchmal Zeichen und Wunder.

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  4. Der kirchliche allmächtige Gott zeigt sich nicht, und dabei wäre es so nötig. Vor wenigen Stunden habe ich einmal mehr erfahren, dass es eine wunderbare höhere Macht gibt, die vor einem Unglück bewahren kann, haarscharf ging ich daran vorbei. Dabei bin ich seit vielen Jahren aus der Kirche ausgetreten und konfessionslos geblieben. Ich könnte auch nicht Mitglied einer Freikirche sein, weil ich die Bibel mit anderen Augen sehe.

    Den Glauben an Jesus habe ich nicht verloren, im Gegenteil, er ist noch stärker geworden, als er war. Aber was die Theologie betrifft, da bin ich auf einem anderen Weg. Aus meiner Sicht stimmt mit diesem Christentum generell so vieles nicht, Beispiel Putin. Mein Gott verlangt kein Blut zur Versöhnng.

    Meiner ist das nicht.
    Meiner ist Schöpfer durch Entwicklung.
    Meiner ist kein Zauberer, bei Okultismus ist er nicht dabei.
    Meiner ist gnädig und barmherzig aus Liebe
    Meiner ist die Kraft und Macht gegen das Böse.
    Meiner ist Hilfe zur Erkenntnis.

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    • Vielen Dank, Frau Jäger, für Ihre Worte. Sie schreiben u.a.:

      „Den Glauben an Jesus habe ich nicht verloren, im Gegenteil, er ist noch stärker geworden, als er war.“

      Mit diesem Satz, liebe Frau Jäger, bestätigen Sie mein Petitum, das ich seit Jahrzehnten vertrete!

      Mich treibt immer wieder folgende Frage um:

      Was ist der Kern des Christentums?

      Bei mir herrscht der Eindruck vor, dass es einen großen Dissens darüber gibt, was denn der „eigentliche Kern“ ist – und vor allem, was er nicht ist.
      Für mich finde ich den Kern in der Person des Jesus von Nazareth – mit seiner Praxis(!!!) von Menschenliebe, Menschenwürde, Menschennähe (!!!) Barmherzigkeit, Erdverbundenheit und seinem Fokus auf die Menschen, die in seiner Zeit geächtet bzw. ausgegrenzt wurden.

      Doch genau die Nachfolge in der Person des Mannes aus Nazareth vermisse ich in weiten Kreisen der kath. Amtskirche!

      In dieser Amtskirche erblicke ich überstarke Tendenzen der Verlogenheit, Heuchelei und Scheinheiligkeit.

      Dieser androzentrisch ausgerichteten Kirche geht es doch nur um den Erhalt von Männermacht und der Ausgrenzung von Frauen und all derjenigen Personen, die einem Klerikalismus, Papalismus, Juridismus und der Misogynie kritisch bzw. ablehnend gegenüberstehen.

      Ein solches Konzept hätte der Mann aus Nazareth nie gewollt – doch wen interessiert dieser Mann eigentlich noch?

      Ja, mich interessiert genau dieser Jesus von Nazareth; und das aus folgenden Gründen:

      • Jesus hat nie einfach nur das äußerliche Einhalten von Geboten gefordert, sondern ihre Erfüllung im Engagement für den Nächsten gepredigt und praktiziert. Dieses Engagement für den Nächsten hat Jesus als Gottes-Dienst verstanden. Sein Petitum lautete: Menschendienst ist Gottesdienst und Gottesdienst ist Menschendienst. Dieser Dienst kennt keine Rangordnung – er ist gekennzeichnet durch den Verzicht einer Gegenleistung bzw. durch ein Vergeben ohne Grenzen.

      • Jesus hat die Mächtigen seiner Zeit (für die heutigen machtbewussten kirchlichen Amtsträger gilt das genauso) daran gemessen, ob sie ihre Macht als Dienst- und Solidaritätsverpflichtung allen Menschen gegenüber (mit der Priorität gegenüber Unterdrückten, Versklavten und Entrechteten) verstehen oder ob sie ihre Macht dadurch missbrauchen, dass sie Querdenker durch Repressalien unterdrücken, sie durch Bußschweigen und Schreibverbote demütigen oder durch Amtsenthebungen und Exkommunikation aus der Gemeinschaft ausschließen

      • Ob Jesu – einem Gedankenspiel folgend -, wenn er heute auf die Erde zurückkäme, diese katholische Kirche als wirklich „seine“ Kirche identifizieren würde? Diese Frage muss – vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich das Papstamt als das zentrale Element im römisch-katholischen Paradigma darstellt und das sich seit dem elften Jahrhundert zu einem monarchisch-absolutistischen Papsttum (inklusive eines laienfeindlichen Klerikalismus und einer…………………………………………………………………………………………………………………… Sexualitäts- und Frauenfeindlichkeit) degeneriert hat, zu Recht gestellt werden und die Antwort kann nur offen bleiben. Vielleicht würden die in Macht, Prunk, Reichtum anwesenden Kardinäle, Bischöfe – an der Spitze der Papst – bei einer Messe im Petersdom, wie in Dostojewskis „Großinquisitor“ die Frage stellen: „Warum kommst Du uns zu stören?“

      Die Kirche muss sich doch immer wieder fragen, wie sie jeweils heute die Kirche Jesu Christi sein kann. Nur wenn die Kirche die Menschenfreundlichkeit Gottes widerspiegelt, wenn sie glaubwürdig dem Leben und der Würde der Menschen dient und wie Jesus auf der Seite der Opfer steht, wenn sie sich nicht im internen Machtgerangel, in der Vertuschung der eigenen Fehler verliert, wenn sie sich nicht über die anderen Kirchen erhebt und ihnen das wahre Kirchesein aberkennt, dann steht sie dem Glauben an Gott, wie Jesus ihn gelebt hat, nicht im Wege.

      Den Glauben an Gott kann die Kirche nicht „machen“, aber sie kann ihm dienen oder auch ihm im Wege stehen. Die „Gotteskrise“ und die Kirchenkrise sind nicht identisch, hängen aber doch miteinander zusammen. Sie dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.

      Eine sich über Dogmen und Katechismusfragen definierende Kirche wird spätestens im 21. Jahrhundert zu der hoffentlich befreienden Erkenntnis kommen, dass immer mehr Gläubige in dem dogmatischen und angeblich unveränderbaren Lehrgebäude nur noch ein Leergebäude entdecken können, in dem nichts mehr lebt – außer dem starren Festhalten einer androzentrischen Klerikerkaste am Willen jegliches „aggiornamento“ zu verhindern und fest entschlossen sind, der Auffassung von Kirche, wie sie das 2. Vatikanum formuliert hat, nämlich einer „ecclesia semper reformanda“, keine Chance zu geben.

      Mein Petitum für eine Rückkehr zu den jesuanischen Quellen haben die Bischöfe des Katakombenpaktes 1965 u.a. wie folgt formuliert:
      „…..
      • Wir werden uns bemühen so zu leben, wie die Menschen um uns her üblicherweise leben, im Hinblick auf Wohnung, Essen, Verkehrsmittel und allem, was sich daraus ergibt (vgl. Mt. 5,3; 6,33-34; 8,20).

      • Wir verzichten ein für allemal darauf, als Reiche zu erscheinen wie auch wirklich reich zu sein, insbesondere in unserer Amtskleidung (teure Stoffe, auffallende Farben) und in unseren Amtsinsignien, die nicht aus kostbarem Metall – weder Gold noch Silber – gemacht sein dürfen, sondern wahrhaft und wirklich dem Evangelium entsprechen müssen (vgl. Mk 6,9; Mt 10,9; Apg 3,6).

      • Wir werden weder Immobilien oder Mobiliar besitzen noch mit eigenem Namen über Bankkonten verfügen; und alles, was an Besitz notwendig sein sollte, auf den Namen der Diözese bzw. der sozialen oder caritativen Werke überschreiben (vgl. Mt 6,19-21; Lk 12, 33-34).

      • Wir werden, wann immer dies möglich ist, die Finanz- und Vermögensverwaltung unserer Diözesen in die Hände einer Kommission von Laien legen, die sich ihrer apostolischen Sendung bewusst und fachkundig sind, damit wir Hirten und Apostel statt Verwalter sein können (vgl. Mt 10,8; Apg 6,17).

      • Wir lehnen es ab, mündlich oder schriftlich mit Titeln oder Bezeichnungen angesprochen zu werden, in denen gesellschaftliche Bedeutung oder Macht zum Ausdruck gebracht werden. (Eminenz, Exzellenz, Monsignore …). Stattdessen wollen wir als „Padre“ angesprochen werden, eine Bezeichnung, die dem Evangelium entspricht. (vgl. Mt 20, 25-28; 23,6-11; Joh 13, 12-15)

      • Wir werden in unserem Verhalten und unseren gesellschaftlichen Beziehungen jeden Eindruck vermeiden, der den Anschein erwecken könnte, wir würden Reiche und Mächtige privilegiert, vorrangig oder bevorzugt behandeln (z. B. bei Gottesdiensten und bei gesellschaftlichen Zusammenkünften, als Gäste oder Gastgeber) (vgl. Lk 13,12-14; 1 Kor 9, 14-19).

      • Ebenso werden wir es vermeiden, irgendjemandes Eitelkeit zu schmeicheln oder ihr gar Vorschub zu leisten, wenn es darum geht, für Spenden zu danken, um Spenden zu bitten oder aus irgendeinem anderen Grund. Wir werden unsere Gläubigen darum bitten, ihre Spendengaben als üblichen Bestandteil in Gottesdienst, Apostolat und sozialer Tätigkeit anzusehen (Vgl. Mt 6, 2-4; Lk 15,9-13; 2 Kor 12,4)

      • Für den apostolisch-pastoralen Dienst an den wirtschaftliche Bedrängten, Benachteiligten und Unterentwickelten werden wir alles zur Verfügung stellen, was notwendig ist an Zeit, Gedanken und Überlegungen, Mitempfinden oder materiellen Mitteln, ohne dadurch anderen Menschen und Gruppen in der Diözese zu schaden. Alle Laien, Ordensleute, Diakone und Priester, die der Herr dazu ruft, ihr Leben und ihre Arbeit mit den Armgehaltenen und Arbeitern zu teilen und so das Evangelium zu verkünden, werden wir unterstützen. (vgl. Lk 4,18; Mk 6,4; Apg 18,3-4; 20,33-35; 1 Kor 4,12; 9, 1-27).

      • Im Bewusstsein der Verpflichtung zu Gerechtigkeit und Liebe sowie ihres Zusammenhangs werden wir daran gehen, die Werke der „Wohltätigkeit“ in soziale Werke umzuwandeln, die sich auf Gerechtigkeit und Liebe gründen und alle Frauen und Männer gleichermaßen im Blick haben. Damit wollen wir den zuständigen staatlichen Stellen einen bescheidenen Dienst erweisen (vgl. Mt 25,31; 25,46; Lk 13,12-14; 33,34).

      • Wir werden alles dafür tun, dass die Verantwortlichen unserer Regierung und unserer öffentlichen Dienste solche Gesetze, Strukturen und gesellschaftlichen Institutionen schaffen und wirksam werden lassen, die für Gerechtigkeit, Gleichheit gesamtmenschliche harmonische Entwicklung jedes Menschen und aller Menschen notwendig sind. Dadurch soll eine neue Gesellschaftsordnung entstehen, die der Würde der Menschen- und Gotteskinder entspricht (vgl. Apg 2,44-45; 4,32-35; 5,4; 2 Kor 8 und 9; 1 Tim 5,16).

      • Weil die Kollegialität der Bischöfe dann dem Evangelium am besten entspricht, wenn sie sich gemeinschaftlich im Dienst an der Mehrheit der Menschen – zwei Drittel der Menschheit – verwirklicht, die körperlich, kulturell und moralisch im Elend leben, verpflichten wir uns:- Gemeinsam mit den Episkopaten der armen Nationen dringende Projekte zu verwirklichen, entsprechend unseren Möglichkeiten.- Auch auf der Ebene der internationalen Organisationen das Evangelium zu bezeugen, wie es Papst Paul VI. vor den Vereinten Nationen tat, und gemeinsam dafür einzutreten, dass wirtschaftliche und kulturelle Strukturen geschaffen werden, die der verarmten Mehrheit der Menschen einen Ausweg aus dem Elend ermöglichen, statt in einer immer reicher werdenden Welt ganze Nationen verarmen zu lassen.“

      Paul Haverkamp, Lingen

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      • Vielen Dank für die Mitteilung. Es freut mich, Herr Haverkamp, dass ich Ihr Petitum bestätigen konnte. Viele Leute kehren sich zwar ab von der Kirche, aber nicht vom Glauben, es gibt eine höhere Macht. Sie wünschen sich eine Herzensbeziehung, sie wollen eigenständig und ganz persönlich mit ihrem Gott in Verbindung sein. Da liegt er doch, der Kern der Sache. Das wollte Jesus ermöglichen, dazu hat er aufgerufen, und wer ihm nachfolgt, erreicht das Ziel. Er wagte es, die Religion seiner Väter in Frage zu stellen. Und er hatte den Mut darüber zu sprechen und zu verkünden, was richtig wäre.

        Es wäre die Aufgabe der Kirche, den Menschen auf den Weg des Jesus zu bringen, aber sie konnte es nicht und kann es nicht. Sie, Herr Haverkamp, führen viele der Hindernisse dazu auf. So wie ich es sehe, wurden diese bereits im 4.Jh aufgestellt. Warum haben sie nur den Sabbat abgeschafft und nicht auch das strafende Gottesverständnis der Hebräer?

        Ich hatte eine Tante, die gekrochen wäre, um die Hostie zu bekommen. Wenn ich ihr mit ein paar Fragen die Augen ein wenig öffenen wollte, dann hat sie sofort abgeklemmt und gesagt, das sei ein Geheimis. Ja, die Kirche ist voller Geheimnisse, und so sollte es auch bleiben. Gut gibt es den „aufbruch“. Er möchte Einblick verschaffen und bestimmt auch ermuntern, aufzubrechen zu einem besseren Weg. Es liegt in diesem Wort etwas agressives, wenn man sich vorstellt in der Kirche gibt es viel aufzubrechen, wenn man sehen will. Ich sage gern Entschlüsselung tut not. Doch von wem bekommt man einen Schlüssel? Jesus hatte ihn zu seiner Zeit in der Hand, und er gibt ihn heute aus dem Jenseits, dem der ihn will. Ich bekam sehr viel Einblick auf meinem Weg, entlang dem Stammbaum der Hebräer. Es entstand dabei ein Manuskript von gut 60 Seiten und ich hoffe, es wird im kommenden Jahr noch ein Buch daraus.
        Es grüsst Sie recht freundlich
        Eveline Jäger aus dem schönen Appenzellerland

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        • Liebe Frau Jäger!

          Zwei Sätze Ihres Kommentars möchte ich in besonderer Weise unterstreichen:

          Satz 1:

          „Es wäre die Aufgabe der Kirche, den Menschen auf den Weg des Jesus zu bringen, aber sie konnte es nicht und kann es nicht.“

          Nein, eine solch strukturierte Kirche „konnte es nicht und kann es nicht“, denn diese kath. Kirche hat nur ein Fundament, und das sind nicht die Vorgaben des Mannes aus Nazareth, sondern der Erhalt der im Laufe der Kirchengeschichte erschlichenen Machtpositionen – teilweise mit gefälschten Urkunden: z.B. mit den Symmachianischen Fälschungen. Hier hat sich der Papst das Recht verschafft, von niemandem gerichtet werden zu können. Diese Fälschung gilt bis auf den heutigen Tag und steht so im CIC : Prima sedes a nemine iudicatur.

          Die Herren in Rom (aber nicht nur dort) achten nur auf den unumschränkten Machterhalt. Das ist u.a. auch der Grund, warum sie so vehement die Gleichberechtigung der Frau in der Kirche ablehnen – ein Skandal, ein Trauerspiel.

          In seinem Schreiben „Querida Amazonia“ formuliert der gegenwärtige Papst ein Frauenbild, das man nur als frauenfeindlich bzw. frauendiskriminierend bezeichnen kann.

          Demnach leisten Frauen nämlich „ihren Beitrag zur Kirche auf ihre eigene Weise und indem sie die Kraft und Zärtlichkeit der Mutter Maria weitergeben“. Gott selber sei es, der „seine Macht und seine Liebe in zwei menschlichen Gesichtern kundtun“ wolle, nämlich dem männlichen des göttlichen Sohnes und dem weiblichen der Mutter Maria. Alle kath. Frauen sollten sich eine solche Argumentation noch einmal auf der Zunge zergehen lassen: Franziskus behauptet also, dass die Verweigerung der Gleichberechtigung der Frau in der Kirche gottgewollt ist.

          Müsste das nicht ein Grund für alle kath. Frauen sein, aus der kath. Kirche auszutreten?!

          Diese These ist nicht nur menschen- und frauenverachtend, sondern zudem zynisch und nur von dem Ziel getragen, den Männern die alleinige Macht in der Kirche zu garantieren und die Frauen von genau dieser Macht auszuschließen.Solange Männer der Kirche qua (Lehr- und Leitungs-)Amt definieren, was Frauen sind, dürfen und sollen, ist die Frauenfrage in der römisch-katholischen Kirche noch gar nicht ernsthaft gestellt, geschweige denn überzeugend beantwortet. Mit dem Mann aus Nazareth hat all das nichts zu tun. Doch wer will in der Amtshierarchie überhaupt noch etwas mit dem Mann aus Nazareth etwas zu tun haben?

          Satz 2:

          „Er möchte Einblick verschaffen und bestimmt auch ermuntern, aufzubrechen zu einem besseren Weg.“

          Jesu Nachfolge bedeutet, sich einzulassen auf eine neue Orientierung, die nicht zu haben ist ohne den Mut zum Verlassen von alten vorgezeichneten Wegen. Im weiteren Verlauf des Lk-Textes heißt es somit folgerichtig: “Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geeignet für das Reich Gottes.”(Lk 9,62) Bei Mk 4,40 heißt es :”Was fürchtet ihr euch?” – die kath. Kirche muss sich auf die raue See hinauswagen, um zu neuen jesuanischen Ufern zu gelangen – oder sie wird untergehen!

          Jesus hat nie einfach nur das äußerliche Einhalten von Geboten gefordert, sondern ihre Erfüllung im Engagement für den Nächsten gepredigt und praktiziert. Dieses Engagement für den Nächsten hat Jesus als Gottes-Dienst verstanden. Sein Petitum lautete : Menschendienst ist Gottesdienst und Gottesdienst ist Menschendienst. Dieser Dienst kennt keine Rangordnung – er ist gekennzeichnet durch den Verzicht einer Gegenleistung bzw. durch ein Vergeben ohne Grenzen.

          Paul Haverkamp, Lingen

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          • Lieber Herr Haverkamp, Sie waren von zwei Sätzen in meinem Text besonders angesprochen. Mit dem 2. Satz, den sie aufführen, möchte ich tatsächlich Mut machen zum Austritt.

            Nun stehen wir vor dem Tor des Weihnachtsfestes. Wissen Sie, dass die Römer einen Gott des Lichtes namens Mithras hatten? Dass sie seinen Geburtstag am 25. Dezember feierten, dass er in einer Höhle geboren wurde von einer Jungfrau, und dass Hirten zugegen waren, die das lichtvolle Kind sahen. Durch eine Ausstellung und das Internet kam ich zu dieser Information.

            Es war also schon einiges vorhanden für die Geburtsgeschichte des Jesus. Solches tut meinem Glauben keinen Abbruch, weil ich nicht der Ansicht bin, die Bibel sei durch und durch von Gott eingegebenes Wort. Sie ist Literatur wie andere auch, aber mit Worten, die ich für Inspiration vom guten Gott halte. Für mich ist wichtig, dass ich glauben kann, Jesus wurde geboren und er lebt, auch wenn er gestorben ist.

            Ich finde es gut, dass mächtige Männer vor bald zweitausend Jahren den Geburtstag von Jesus auf den 25. Dezember festlegten. Das Fest passt so gut in die Winterzeit. Und ich finde es sogar sehr gut, dass sie nach meinem Verständnis Jesus auf den Thron des Mithras setzten und mit dem siebten Wochentag den Sonntag einführten. Aus meiner Sicht würde ich sagen, die Religion Christentum wurde von Menschen gegründet, die nicht ganz ohne den Geist des Jesus waren, aber in meinen Augen fehlte es gewaltig an Einsicht, was nicht dabei sein sollte. Den Gott der Hebräer haben sie meines Erachtens nicht vom Thron gestossen, und daran rüttelten auch die Reformatoren nicht, leider.
            Aus meiner Sicht wird die Geburt und die Opferung gefeiert aus Tradition, aber zu sagen, aus purer Freude, das ginge doch ziemlich an der Realität vorbei. Ich glaube, es könnte anders sein, denn Jesus hat nicht das Kreuz auf sich genommen, damit einige ihre Macht ausspielen können auf seinem Buckel.

            Soweit noch ein paar Gedanken und trotz allem frohe Festtage
            Eveline Jäger

  5. Kürzlich las ich in unserer Tageszeitung, der Bischof von Lausanne, Genf und Freiburg habe sich besorgt über die tiefe Kluft zwischen Kirche und Gesellschaft geäussert. Diese Einsicht ist zwar richtig, kommt allerdings reichlich spät. Denn schon seit mindestens 200 Jahren haben sich die Zeichen der Zeit der sich entwickelnden und wandelnden Gesellschaft zunehmend zu Wort gemeldet. Doch nach dem Vorbild autokratisch-hierarchischer Regierungen hatten die kirchlichen Autoritäten bis weit ins 20. Jahrhundert hinein kein Gehör dafür, beklagten stattdessen den Werteverfall der Moderne und entledigten sich weitsichtigen Rufern durch Schweigegebote und Lehrverbote – Putin und Kyrill lassen grüssen. Als Folge davon hat sich die Kluft zwischen Kirche und Gesellschaft mittlerweile so weit vertieft, dass immer mehr Christenmenschen andere Weg suchen und auch finden.
    Beatrix Staub-Verhees, Fribourg/Freiburg i.Üe

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